cash.ch: Sie beleuchten wirtschaftliche Trends hinsichtlich der Generation X (Jahrgänge 1961-1981) und deren Verbraucherinteresse. Können Sie bitte die wichtigsten Merkmale der Generation X beschreiben.

George Saffaye: Die Generation X ist die kleinste hinsichtlich ihrer Anzahl und verordnet sich zwischen den Generationen der Babyboomer und den Millennials. Die Generation X hat noch zwischen 10 und 30 Jahren Arbeitsleben vor sich. Obgleich wir (Anmerkung der Redaktion: George Saffaye gehört zur Generation X) demographisch zu der kleinsten Gruppe gehören, kontrollieren wir einen beträchtlichen Anteil der Vermögenswerte. In den nächsten Jahren wird zusätzlich ein Teil des Wohlstandes der Babyboomer hin zur Generation X transferiert. Die Generation X wird daher in den nächsten Jahren an Kaufkraft noch zunehmen.

Ist die Generation X der Antreiber unserer Konsumgesellschaft?

Ja, die wirkliche Kaufkraft geht nicht von den Babyboomern, sondern von der Generation X aus. Die Generation X unterstützt ebenfalls das Ausgabenverhalten anderer Generationen, wie etwa der jüngeren Millennials und der Generation Z, da sie der Ursprung ihres Einkommens ist.

Die Babyboomer waren doch vor einigen Jahren in der gleichen Position.

Was die Generation auch auszeichnet ist, dass sie sich dem technologischen Wandel anpasst. Es ist eine Generation, die den Wandel von der analogen zur digitalen Welt durchschritten hat. Als wir jung waren, hatten wir den Walkman, dann den CD-Player, dann den I-Pod, und dann schlussendlich das I-Phone. Wir sind offen für neue Technologien und machen uns diese nutzbar.

Die Generation X bevorzugt also auch Elektroautos?

Ja. Wer kauft diese Autos? Das sind nicht die Babyboomers oder die Millennials. Es sind die Menschen der Generation X. Es ist die Generation X, die wahrscheinlich den Wechsel zum Elektroauto anführen wird. Und ich denke, dies wird zukünftig so weitergehen.

Was spricht ansonsten noch für die Zukunft der Elektroautos?

Die Elektrifizierung kämpft nicht mit Öl darum, welcher Kraftstoff günstiger ist. Wenn man an China und Europa denkt, sind es die Regulierungen, die eine C02 freie Autoflotte der Autohersteller forciert. Wir denken, dass der Elektrifizierung die Zukunft gehört. Von dieser Entwicklung gibt es auch einen grossen Nutzen. Elektrofahrzeuge sind in der Produktion viel weniger komplex und benötigen weniger Herstellungskapazität. Der Schlüssel für diese Technologie sind die Batterien und dort findet eine Verbesserung statt.

Doch ist es jetzt in der Corona-Krise der richtige Moment, um in ein Elektroautohersteller zu investieren?

Das Coronavirus hat die Nachfrage nach Autos quasi zum Erliegen gebracht. Man muss einfach eines bedenken, der Absatz an Elektrofahrzeugen nimmt immer noch einen kleinen Anteil aller Autoverkäufe ein. Dies wird sich zukünftig ändern, wenn die Nachfrage nach Autos zurückkehrt. Dies wird geschehen. In China sehen wir eine langsame Normalisierung der Situation. Wichtig ist, dass man sehr selektiv vorgehen muss, in welche Hersteller man investiert.

Welche zum Beispiel?

Die meisten Autohersteller befinden sich immer noch in einer Transitionsphase vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor. Die meisten Autohersteller und vor allem die deutschen Hersteller haben sich verpflichtet, dem Elektrofahrzeug eine grössere Bedeutung in ihrer Gesamtproduktion einzuräumen. Ja, die Autohersteller sind unter Druck wegen der Corona-Krise. Aber wir werden zu einem normalen Zustand zurückkehren.

Bietet das Elektroauto auch einen technologischen Vorteil?

Das grosse Potenzial der Elektrifizierung der Autos sieht man darin, was bis anhin nicht möglich war. Elektrofahrzeuge sind viel mehr technologisch verbunden. Gleich wie beim I-Phone oder einem Android Smartphone wird man bei Elektrofahrzeugen nächtliche Updates sehen, welche die Effizienz verbessern. Das ist unsere Zukunft. Daher: warum sollte man jetzt investieren? Die regulatorischen Grundlagen sind vorhanden, der technologische Fortschritt ist vorhanden und das Konsumverhalten verändert sich.

Es wird viel vom autonomen Fahren gesprochen...

Auch das autonome Fahren bietet vielversprechende Möglichkeiten. Wenn man den Autopiloten bei 50 kmh eingestellt hat, kann man nebenbei mit dem Tablet das Essen bestellen, jemanden schreiben oder Emails beantworten. Diese Veränderungen lassen neue Geschäftsmodelle entstehen. Daran arbeiten Unternehmen jetzt. Und: Was das Coronavirus uns allen gezeigt hat, dass reibungslose Transaktionen notwendig sind. Man braucht nichts aus den Hosentaschen zu nehmen, man braucht sich um den Austausch nicht zu kümmern. Man hat eine drahtlose Ausweiskarte bei sich.

Was bedeutet die Corona-Krise für das Verbraucherverhalten der Generation X? Wird es einen Einfluss haben?

Jeder der sagt, dass es keinen Einfluss haben wird, ist unaufrichtig. Ich denke die Gesellschaft hat sich verändert, egal ob du in den USA, in Frankreich oder in China lebst. Das Leben wird sich verändern. Das Arbeiten von zu Hause und der Versuch zu interagieren, wäre auf viel mehr Skepsis gestossen. Wir haben Unternehmen, bei denen 90 Prozent der Angestellten von zu Hause arbeiten. Trotzdem sind wir dabei produktiv und effizient.

Inwieweit bietet die Corona-Krise und deren wirtschaftlichen Auswirkungen eine Chance für Investoren?

Es wird sicherlich ein Überdenken der globalen und nationalen Antwort auf die Krise geben. Es wird für viele Unternehmen eine Chance sein, Teil einer zukünftigen Lösung zu werden. Es ist ein vorübergehendes Ereignis. Es gibt ein Ende und wir werden uns an einem Punkt auf die Zukunft konzentrieren. Und ja, wir werden gute Möglichkeiten für Investments erhalten. Diese Chancen ergeben sich anhand der Neuausrichtung, wie Unternehmen, Regierungen und Verbraucher weiter voranschreiten, wenn wir an Lieferketten, Verteilung und die Konsequenz des geringeren Konsums im stationären Handel denken.

Wo ist diese Neuausrichtung am offensichtlichsten?

Wir werden komplett neue oder weiterentwickelte Online-Strategien für Unternehmen sehen. Die Unternehmen werden sich danach ausrichten weniger auf den stationären Handel, sondern auf E-Commerce angewiesen zu sein. Die Möglichkeiten, die das E-Commerce bietet, sind sehr gross. Beispielhaft wirbt Amazon gerade 100'000 neue Mitarbeiter an, um die Nachfrage abzudecken. Die Nachfrage nach dem Dienst von Amazon ist ein gutes Beispiel, warum man die Verteilung von Gütern überdenken muss. Dies ist sicherlich eine Investmentgelegenheit für jeden Investor.

Was treibt diese Neuausrichtung der Gesellschaft an?

Die entscheidende Frage wird sein: Wie halfen uns die globalen Lieferketten in der Corona-Krise? Die Krise beleuchtete die grossen Probleme dieser globalen Lieferketten, als diese zum Stillstand kamen. Warum hat die USA nicht die Fähigkeit Gesichtsmasken herzustellen? Wir sind von asiatischen Ländern abhängig. Werden die globalen Lieferketten verschwinden? Sicherlich nicht. Wird sich die Herstellung innerhalb von Ländern verändern? Ziemlich sicher. Die Regierungen müssen einige Schlüsselgeschäfte in ihre Länder zurückbringen. Die Regierungen werden über dies nachdenken müssen. Dies ist ziemlich bedeutend für alle zukünftigen Pandemien. Die Vorstellung, dass die USA die grundlegenden Dinge wie Atemgeräte nicht zur Verfügung hat, muss überdacht werden.

Werden alle Wirtschaftssektoren von der Neuausrichtung der Gesellschaft betroffen sein?

Wir werden wohlmöglich eine Verschiebung über die meisten Sektoren hinweg sehen, einschliesslich im Technologiesektor, in der Gesundheitsbranche, bei den Nicht-Basiskonsumgüter, wie auch den Grundnahrungsmitteln. Aber auch in Sektoren wie der Materialien und der Industrie. Es wird daher in einem grossen Teil der Wirtschaft Veränderungen geben.

George Saffaye ist Manager des BNY Mellon Mobility Innovation Fund bei Mellon.

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