«Und in zehn Jahren müssen wir dann die UBS retten. Ich fürchte einfach, dass dies eintreffen wird.» Das sagte vor ein paar Wochen ein nicht ganz unbekannter Bundesparlamentarier im vertraulichen Gespräch noch unter dem Eindruck des «Shotgun Wedding» zwischen der UBS und der Credit Suisse. Die Aussage war frei von irgendwelcher Ironie und Politiker-Geflunker.

Blick zurück, Herbst 2008. Nach der Rettung der UBS in der Finanzkrise war der einhellige Tenor in der Öffentlichkeit noch so: «Nie wieder!» Gefordert wurden vom Gesetzgeber eine zackige Einführung von Regeln zur Verhinderung eines ungeordneten Ausfalls einer systemrelevanten Bank.

Was sagen uns die zwei Zitate, die 15 Jahre auseinanderliegen, aber in einem vergleichbaren Umfeld geäussert wurden? Ein Wandel von Empörung und Wut - hin zu Frustration, gar zum Fatalismus?

Es bleibt auch fünf Monate nach dem UBS-CS-Deal zumindest eine geballte Portion Desillusionierung. Die jahrelang mühevoll ausgearbeiteten «Too big to fail»-Regeln kamen bei der Credit Suisse gar nicht zur Anwendung. Sie entsprachen nicht den Realitäten an den Märkten und wirken im Nachhinein wie eine Burleske. Die Hauruckmassnahmen unter Beibezug von nebulösem Notrecht hinterlassen ein überaus schlechtes Gewissen bei allen Verantwortlichen. Wahlweise wird die Schuld beim Ausbleiben von frühen Rettungsmassnahme bei der Finma, bei der SNB, beim Finanzdepartement gesucht - oder bei allen zusammen.

Kurz: Die Schweiz und ihr Finanzplatz haben den Untergang der Credit Suisse längst nicht verarbeitet. Und sie hat, konfrontiert mit dem neuen Mega-Klumpenrisiko für die Volkswirtschaft, noch überhaupt keine Ahnung, wie sie mit der Super-Bank umgehen soll. Man hat sich erstmal auf eine parlamentarische Untersuchungskommission verständigt. Aber was passiert dann? Ein paar Personal-Rochaden bei der Finma? Pflästerli-Politik à la bernoise. Die Eigenkapitalvorschriften künftig derart in die Höhe schrauben, dass die Bank das Weite sucht? Will man wohl eher auch nicht.

Als sicher kann gelten: Der Druck, dass die Behörden bei künftigen ähnlichen Fällen früher handeln müssen, wird in der Schweiz zweifellos zunehmen. Die USA lieferten bei der Krise der Silicon Valley Bank das Beispiel. Das Finanzministerium, die Notenbank und die Einlagensicherung schritten früh ein und gaben gemeinsam Garantien und vollständige Schutzzusicherung für die Kundeneinlagen von Banken ab. Man kann das gut finden - oder nicht. Denn schlechtes unternehmerisches Wirtschaften wird so natürlich nicht bestraft - und ein solches Einschreiten in die Märkte sendet die dümmsten Signale an systemrelevante Unternehmen. Dennoch drohen ordnungspolitische Sündenfälle von von Behörden und Notenbanken zum Normalfall zu werden.

Dann noch ein drittes Zitat: «Wir sind von der Schnelligkeit, mit der sich die Krise verschlechterte, überrascht worden.» Nein, diese Aussage wurde nicht an der Medienkonferenz vom 20. März 2023 bei der Zwangshochzeit UBS und Credit Suisse getätigt. Das Zitat stammt vom damaligen Bundespräsidenten Pascal Couchepin beim «Bailout» der UBS aus dem Jahr 2008. Die Schweiz hat zwar noch keine Ahnung, wie sie mit der neuen UBS umgehen soll. Aber ein drittes Mal will sie dieses Zitat nicht hören wollen.

Daniel Hügli
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