Die Aktien der Online-Apotheke DocMorris (ehemals Zur Rose) haben Anfang Juni den Anfang Februar eingeschlagenen Abwärtstrend verlassen und stehen insgesamt 92 Prozent höher als zum Jahresbeginn - der drittbeste Wert im Swiss Performance Index (SPI). Diese positive Kursrendite darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das aktuelle Kursniveau von gut 48 Franken Welten vom Allzeithoch bei 500 Franken im Januar 2021 entfernt ist.

Dabei hat die Online-Apotheke im ersten Quartal erwartungsgemäss weniger umgesetzt. Schuld ist das rückläufige Deutschland-Geschäft. Dieses soll ab 2024 dank des elektronischen Ärzterezepts aber durchstarten. Im laufenden Jahr steht vorerst jedoch weiter die Profitabilität im Fokus. Von Januar bis März setzte die Gruppe mit 424,1 Millionen Franken 14 Prozent weniger um als im Vorjahr, wie sie mitteilte. Damit war der Rückgang noch etwas prononcierter als von den Analysten erwartet. 

Dass sich der Druck an der Börse abgeschwächt hat, ist dem Verkauf des Schweizer Geschäfts an die Migros geschuldet, sagt Urs Kunz, Analyst bei Research Partners, gegenüber cash.ch. “Damit kann sich DocMorris auf den Deutschen Markt konzentrieren und das Damoklesschwert ‘Kapitalerhöhung’ ist vorerst vom Tisch”, so der Experte weiter. Auch mussten viele Shortseller ihre Positionen glattstellen, was den Aufwärtstrend verstärkt hat.

Ebenso wichtig für das Sentiment ist, dass das E-Rezept in Deutschland ab 2024 auf breiter Front eingeführt werden soll. Vom 1. Januar 2024 an soll es für Ärztinnen und Ärzte verpflichtend sein, Verschreibungen elektronisch auszustellen, wie es in einem Gesetzentwurf des deutschen Gesundheitsministeriums von Mitte Juli heisst. “Das wäre ein riesiger Befreiungsschlag, wenn es dann dieses Mal wirklich passiert”, sagt Gian Marco Werro, Analyst bei der ZKB, auf Anfrage von cash.ch.

Verzögerung beim E-Rezept als grösste Gefahr

Doch die Thematik “E-Rezept” ist auch die grösste Gefahr für ein Investment in DocMorris: “Falls das E-Rezept in Deutschland nicht erfolgreich eingeführt wird, droht im 2025 eine erneute Kapitalbeschaffung für DocMorris”, prognostiziert Werro. Eine solche Sorge ist nicht unbegründet, da die Apothekerlobby ihre Interessen in der deutschen Politik einbringt und Einfluss nimmt.

Auch stellt sich die Frage, inwiefern sich schlussendlich die Online-Apotheken DocMorris und Redcare Pharmacy (früher Shop Apotheke) den deutschen Markt aufteilen. Werro und Kunz geben Entwarnung und gehen davon aus, dass beide Player schlussendlich profitieren werden.

Doch von Geschäftszahlen hat Redcare Pharmacy sicherlich einmal die Nase vorn: Die Online-Apotheke Redcare Pharmacy hat nach einem starken zweiten Quartal und einer vor Kurzem besiegelten Partnerschaft die Prognose erhöht. DocMorris muss erst einmal die Gewinnfähigkeit beweisen. “Dieses grössere Risiko spiegelt sich in der tieferen Bewertung und dem grösseren Kurspotenzial wider”, so Kunz.

Schon in knapp zwei Wochen - 17. August - wird DocMorris mit den Halbjahreszahlen vielleicht mehr Hinweise geben, ob man auf dem richtigen Weg ist. Werro erwartet aber keine grosse Überraschung. Vielmehr dürften weitere Kostenkürzungen in Richtung Break-Even 2024 angekündigt werden.

ManuelBoeck
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