Die Preise auf dem Immobilienmarkt kennen insbesondere in der Schweiz seit vielen Jahren nur eine Richtung: nach oben. Die Stimmen, die vor einer drohenden Blase oder gar einem Crash warnen, werden von Jahr zu Jahr lauter. Wegen der Corona-Krise fürchten viele Immobilienbesitzer und jene, die über indirekte Immobilienanlagen wie Fonds oder ETF investiert sind, erhebliche Konsequenzen für den Immobilienmarkt.
Doch der vielzitierte Immobilien-Crash scheint erneut abgesagt. Im Gegenteil: Teilweise hat das Coronavirus offenbar sogar eine stützende Wirkung auf dem Immobilien-Markt. So ist das Preiswachstum für Eigenheime in Zürich im zweiten Quartal um knapp fünf Prozent angestiegen. Experten gingen vor der Corona-Krise von einem geringeren Wachstum aus.
Preise für Eigenheime steigen ungebremst
"Die Corona-Krise hat die Nachfrage nach Eigenheimen nicht gebremst, im Gegenteil", sagt Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Analytics der Zürcher Kantonalbank im cash-Börsen-Talk. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: "Unter der Corona-Krise haben vor allem jene gelitten, die in Temporär-Stellen beschäftigt sind oder Hochschulabsolventen, die sich auf Jobsuche befinden." Das sind laut Kubli eben nicht die typischen Kandidaten, die nach Eigenheimen suchen.
Die Situation von Vermögenden – also potenziellen Kaufkandidaten – habe sich hingegen kaum verändert. Hinzu kommt, dass das Angebot eben weiterhin extrem knapp sei, "so dass sich noch immer viele Leute um wenige Objekte streiten", sagt Kubli.
Etwas anders verhält es sich allerdings bei Mietwohnungen. Hier erscheint die Corona-Krise durchaus als ein Belastungsfaktor. Denn: Der Wohnungsbau hat sich vielerorts verzögert, vor allem im Tessin und in der Romandie. Für Kubli haben die Verzögerungen aus Immobiliensicht allerdings auch einen positiven Effekt. "Die Bauverzögerungen sind auch eine Art Stabilisierungsfaktor. Nämlich vor dem Hintergrund einer schleppenden Zuwanderung während der Corona-Krise." Mit anderen Worten: Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist Corona-bedingt derzeit ohnehin tiefer, da kommen Bauverzögerungen bei Mietwohnungen gar nicht mal ungelegen.
Druck auf Gewerbe-Immobilien
Bei Gewerbe-Immobilien ist die Lage schon weitaus düsterer. Der Trend zum Home-Office, der sich durch die Corona-Krise noch mal verstärkt hat, belastet den Markt für Büroliegenschaften. Kubli glaubt, dass dieser Trend nachhaltig Bestand haben wird. Dementsprechend schwierig seien die Aussichten für diesen Markt. "Büroliegenschaften befinden sich mit ihrer Konjunkturabhängigkeit und dem Überangebot zweifellos in einer schwierigen Ausganglage", so Kubli.
Ebenso schwierig ist der Markt für Verkaufsflächen, der durch Corona noch mal stärker unter Druck gerät. "Klar, den Trend zum Online-Shopping gab es bereits vor Corona, doch die Krise wirkt jetzt wie ein Katalysator", so Kubli. Die Strukturanpassungen werden laut Kder ZKB-Expertin jetzt noch schneller vonstatten gehen. Der fortschreitende Online-Handel berge allerdings auch Chancen für den Immobilienmarkt. Schliesslich generiere der Online-Handel ebenfalls Bedarf an Räumlichkeiten wie etwa Lagerräume oder Distributionszentren.
Jetzt noch in Immobilen investieren?
Bleiben Immobilien weiterhin ein lohnendes Investment? "Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Immobilien so schnell nichts in Schieflage versetzt", sagt Kubli. Zudem spreche das Umfeld insgesamt weiterhin für diese Asset-Klasse. Gerade in der Corona-Krise habe sich die Erkenntnis verfestigt, dass die Zinsen auf noch lange Zeit tief bleiben werden.
Sehen Sie im cash-Börsen-Talk ausserdem, wie Kubli die Performance von Immobilien-Fonds während der Corona-Krise bewertet.