Der Dollar hat gegenüber dem Schweizer Franken in den letzten sechs Monaten 12 Prozent an Wert verloren, nachdem die US-Valuta Anfang November letzten Jahres noch ein Zwischenhoch von 1,0985 Franken erreicht hatte. Im europäischen Handel notiert der Dollar aktuell bei 0,8940 Rappen. 

Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz, erwartet gemäss der am Dienstag vorgestellten Studie UBS Outlook Schweiz für das zweite Quartal 2023, dass die Talfahrt des Dollars sich auch für den Rest des Jahres fortsetzen wird. Der Dollar dürfte bis Ende Jahr unter 0,85 Rappen notieren und damit die aktuelle Bandbreite von 0,85 bis 0,92 Rappen im zweiten Halbjahr verlassen.

Kalt führt dabei verschiedene Argumente an. So ist das Risiko für eine Kreditklemme und eine harte Landung der US-Wirtschaft angestiegen. Zwar dürfte sich auch die Schweiz dem Abschwung nicht ganz entziehen, aber deutlich weniger stark als die amerikanische Wirtschaft.

Einen wesentlichen Grund für das weitere Abwärtspotenzial des Greenback identifiziert die UBS bei der Kaufkraftparität. Kaufkraftparität stellt die Kaufkraft der eigenen Währung gegenüber einer Fremdwährung dar. Dabei werden Preisverhältnisse für identische Produkte in zwei Ländern in den jeweiligen Landeswährungen verglichen. Für den Dollar sieht die UBS die Kaufkraftparität bei 0,76 Rappen und somit 15 Prozent unter dem aktuellen Wechselkurs.

Zinssenkungen in den USA schneller als in der Schweiz

Auch bei den Zinserwartungen ergibt sich eine Divergenz, welche für den Schweizer Franken spricht. Die Fed hat gemäss Kalt den Zinshöhepunkt praktisch erreicht, während die Schweizerische Nationalbank (SNB) an ihrer Juni-Sitzung den Leitzins um weitere 0,25 Prozent erhöhen wird. Damit würde der maximal erwartete Leitzinssatz von 1,75 Prozent erreicht.

Zur zukünftigen Entwicklung erwartet die UBS, dass die Zinssenkungen in den USA schneller eintreten werden als in der Schweiz, wo diese erst im Jahr 2024 ein Thema werden. "Voraussetzung ist, dass die SNB sich sicher sein kann, dass sich der Inflationsdruck auf nachhaltiger Ebene gelegt hat - sowohl in der Schweiz als auch im Ausland." Entsprechend ist der Leitzinsanstieg in den letzten Quartalen in der Schweiz weniger stark ausgefallen als in den USA und in der Eurozone.

Ebenso sind die wirtschaftlichen Risiken weniger ausgeprägt. "Das lässt darauf schliessen, dass die SNB deutlich später als die Fed und auch die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen senkt", so Kalt.

Bei den langfristigen Renditen prognostiziert die UBS sinkende US-Renditen bei den 10-jährigen Staatsanleihen und auf der anderen Seite eine steigende Rendite bei den 10-jährigen Bundesobligationen in der Schweiz von derzeit 0,978 Prozent auf 1,25 Prozent zum Jahresende. Entsprechend wird die Renditedifferenz zwischen Franken und Dollar kleiner. Das spricht ebenfalls für einen stärkeren Franken. 

Die Kaufkraftparität des Dollars liegt deutlich unter dem aktuellen Wechselkurs (Quelle: UBS Schweiz 2023).

Die Kaufkraftparität des Dollars liegt deutlich unter dem aktuellen Wechselkurs (Quelle: UBS Schweiz 2023).

Quelle: ZVG

Der Grund für diese Kaufkraftparität des Dollars zum Franken ist primär bei der Differenz der Inflation zu finden. Die Schweizer Teuerung ist mit 2,6 Prozent deutlich tiefer als in den USA mit 4,9 Prozent. Verschiedene Analysten gehen davon aus, dass die Teuerung prozentual betrachtet mittelfristig deutlicher sinkt als in den USA. Dies vor allem, weil die SNB mit Devisenverkäufen der inländischen Teuerung entgegenwirken kann - so wie sie das in der Vergangenheit bereits getan hat. Entsprechend gibt auch das weiteren Aufwertungsdruck auf den Franken gegenüber dem Dollar, respektive der Dollar neigt weiter zur Schwäche. 

Im Gegensatz zum Dollar liegt die Kaufkraftparität des Euros nahe bei einem Wert von 0,98 Rappen und somit leicht höher als der aktuelle Wechselkurs von 0,9725 Euro pro Franken. Damit ist der Euro fair bewertet.

Thomas Daniel Marti
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