Ab 2024 sollen keine weiteren an die Inflationsrate gekoppelten Bundeswertpapiere mehr neu ausgegeben werden, wie die für mit Schuldenmanagement des Bundes beauftragte Finanzagentur am Mittwochabend ankündigte. Auch sollen bereits ausgegebene Papiere nicht mehr aufgestockt werden. «Die aktuell ausstehenden inflationsindexierten Bundeswertpapiere werden weiterhin am Markt handelbar sein», hiess es zugleich. Das verbleibende Programm umfasse vier Papiere mit einem Gesamtvolumen von 66,25 Milliarden Euro und Restlaufzeiten zwischen rund 2,5 und 22,5 Jahren. Etwa 3,5 Prozent der ausstehenden Bundeswertpapiere sind an die Inflation gekoppelt.
Beim sogenannten «Linker» richtet sich die Zinszahlung nach der Teuerungsrate. Damit übernimmt der Emittent - in diesem Fall der Staat - das Inflationsrisiko, das sonst beim Investor liegt. LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch vermutet, «dass die Linker für Emittenten in Zeiten hoher und volatiler Inflation nicht mehr attraktiv sind». «Ein Risiko für den Bundeshaushalt stellen inflationsindexierte Anleihen immer dar – zur Risikoverminderung ist die Beendigung derartiger Emissionen also sicherlich richtig», sagte auch NordLB-Experte Bernd Krampen.
«Vorteilhafte Position stärken»
Stattdessen will der Bund nun stärker auf herkömmliche sowie sogenannte grüne Anleihen setzen, die der Finanzierung umweltfreundlicher Ausgaben dienen. «Um seine vorteilhafte Position perspektivisch weiter zu stärken, will der Bund im Interesse der Liquidität der konventionellen und grünen Anleiheprogramme seine Finanzierungsbedarfe der kommenden Jahre über diese Instrumente decken», sagte Finanzagentur-Geschäftsführer Tammo Diemer zu Reuters.
Bei einer niedrigen Inflation oder einer Deflation sind die Erträge geringer als bei normalen Anleihen. Deutschland hatte erstmals im März 2006 ein solche Anleihe begeben. Im Jahr 2012 sagte der damalige Chef der Finanzagentur, Carl Heinz Daube, der Nachrichtenagentur Reuters: «Wir haben dem Markt zugesichert, regelmässig zu emittieren. Das werden wir auch tun, um auch im Ausbau dieses Marktsegments ein verlässlicher Partner zu sein.» Allerdings haben die zuletzt hohe Inflation und steigende Marktzinsen die Zinskosten des Bundes nach oben getrieben.
«Jetzt zahlen wir Milliarden dafür»
Im Juni 2022 sprach Finanzminister Christian Lindner in diesem Zusammenhang von «einer Steilwand, die sich vor uns auftut» und machte dafür auch ausdrücklich die Ausgabe inflationsgesicherter Staatsanleihen durch frühere Regierungen verantwortlich. «Da haben wir früher Geld mit verdient, jetzt zahlen wir Milliarden dafür», sagte er. Im November 2022 erhielt Reuters Einsicht in ein Dokument des Haushaltsausschusses des Bundestages. Der Übersicht zufolge wurden als Folge der hohen Inflation 2,2 Milliarden Euro zusätzlich für einen Fonds zurückgelegt, aus dem inflationsindexierte Bundesanleihen zurückgezahlt wurden.
Der Bund leiht sich in diesem Jahr die Rekordsumme von rund einer halben Billion Euro am Finanzmarkt. Das Geld dient dazu, neben den Aufwendungen für die Energiekrise auch das erwartete Defizit im Haushalt zu stopfen. Hinzu kommt, dass der Bund im laufenden Jahr Wertpapiere im Wert von mehr als 300 Milliarden Euro an Investoren zurückzahlen muss. Dafür wird eine Refinanzierung benötigt.
(Reuters)