Die von der EU geplanten Zölle auf chinesische E-Autos sind Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zufolge nicht als Strafe zu sehen. «Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich nicht um Strafzölle handelt», sagte Habeck am Samstag in Peking.

Länder wie die USA, Brasilien und die Türkei hätten Strafzölle verhängt, aber nicht die EU. Europa gehe anders vor: Die europäische Kommission habe neun Monate lang detailliert überprüft, ob chinesische Firmen von staatlichen Subventionen profitiert hätten. Bei den geplanten Zöllen handele es sich daher um einen Ausgleich der gewährten Vorteile.

«Es sollen gerade gemeinsame, gleiche Standards für Marktzugänge erreicht werden», sagte der Vizekanzler. Vor Habecks Ankunft in Peking hatte die Volksrepublik wegen der geplanten Abgaben vor einem Handelskrieg mit der EU gewarnt.

Es gehe um die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, sagte Habeck bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission, Zheng Shanjie. «Wir werden alles tun, um chinesische Firmen zu schützen», sagte Zheng.

Der deutsche Grünen-Politiker hofft, dass die Strafzölle noch verhindert werden können, die von der deutschen Autobranche aus Furcht vor einem Handelskrieg mit chinesischen Vergeltungsmassnahmen abgelehnt werden.

Habeck verwies zuletzt zwar darauf, dass er nicht für die EU verhandeln könne, dies sei Aufgabe der EU-Kommission. Aber als grösste europäische Volkswirtschaft habe die Stimme Deutschlands besonderes Gewicht. Seine China-Reise könne vielleicht einen Beitrag bei der Suche nach einer Lösung leisten.

Die Zölle von zusätzlich bis zu 38,1 Prozent sollen ab dem 4. Juli erhoben werden. Die Überprüfung der EU-Kommission soll noch bis zum 2. November fortgesetzt werden. Dann werden endgültige Sätze festgelegt, üblicherweise für fünf Jahre. Die Schlussfolgerungen des EU-Berichts sollten diskutiert werden, sagte Habeck. «Deswegen ist es wichtig, jetzt die Möglichkeit, die der Bericht bereitstellt, ernst zu nehmen und darüber zu reden oder zu verhandeln.»

Habeck führte auch ein Gespräch mit dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao. Dieser kündigte an, sich noch am Samstag mit EU-Kommissar Valdis Dombrovskis über die Zölle austauschen zu wollen. Ein Treffen von Habeck mit Ministerpräsident Li Qiang kam nicht zustande. Aus Delegationskreisen verlautete, dass es terminlich nicht darstellbar gewesen sei.

Auch Klimapolitik war bei Habecks China-Reise ein Thema

Neben den Zöllen auf E-Autos ging es bei Habecks Reise auch um aktuelle Fragen der Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik. Deutschland und China hatten vor gut einem Jahr eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit beim Klimawandel und beim Weg hin zu grüner Energieproduktion unterzeichnet.

Habeck lobte den Ausbau von erneuerbaren Energien in China. Er mahnte bei der ersten Plenarsitzung des deutsch-chinesischen Klima- und Transformationsdialogs jedoch an, dass auch auf die CO2-Emissionen insgesamt geachtet werde. Auch wenn China im vergangenen Jahr seine Kapazitäten an erneuerbaren Energien deutlich ausgebaut hat, so basiert die Energieproduktion der Volksrepublik immer noch zu gut 60 Prozent auf Kohle.

China, Indien und Indonesien stehen für fast 75 Prozent der Kohleverbrennung weltweit. Diese Länder haben die Energiesicherheit, Verfügbarkeit und Kosten Vorrang vor dem Kohlendioxidausstoss. Chinas Energiemix basiere auf Kohle, sagte Zheng. Kohlekraftwerke würden als Sicherheitsmassnahme gebaut. Der enorme Ausbau der Kohlekraft könne auch anders gelingen, wenn die Implikationen der Erneuerbaren im System anders bedacht würden, erwiderte Habeck.

Habeck setzt seine Reise nun in Shanghai fort. Dort nimmt er an der Festveranstaltung zum 30-jährigen Jubiläums der dortigen Auslandshandelskammer teil und besucht das Forschungszentrum eines deutschen Unternehmens. Den Abschluss bilden Unternehmensbesuche in Hangzhou, bevor es am Sonntag zurück nach Deutschland geht.

(Reuters)