Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juni auf 88,5 Punkte gefallen, nach 91,5 Punkten im Mai. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich einen Rückgang auf 90,7 Zähler erwartet. Sie sagten in ersten Reaktionen:

Ralf Umlauf, Helaba

"Die Unternehmensstimmung hat sich angesichts höherer Zinsen und verschärfter Kreditvergabebedingungen sowie eines durchwachsenen internationalen Umfeldes weiter verschlechtert. Und so bleiben die wirtschaftlichen Perspektiven in Deutschland auch zum Ende des zweiten Quartals getrübt. Andere Stimmungsbarometer hatten dies bereits angedeutet. Eine kräftige Erholung des BIP-Wachstums nach zwei Quartalen mit Minusraten zeichnet sich aktuell nicht ab. Die Zinserhöhungserwartungen bezüglich der EZB, die bereits am Freitag einen Dämpfer bekommen haben, dürften zunächst nicht wieder forciert werden."

Thoams Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank

"Die Konjunkturhoffnungen sind dahin. Wichtige Konjunkturfrühindikatoren pfeifen es wie Spatzen von den Dächern: Im zweiten Halbjahr setzt sich die wirtschaftliche Schwäche fort. Damit wird die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr 2023 schrumpfen. Vielerorts herrschte bis vor kurzem noch die Hoffnung, dass es im dritten und vierten Quartal wieder zumindest etwas bergauf ging. Dieses Szenario ist vom Tisch. Entsprechend deutlich senken die Unternehmen den Daumen, was den weiteren wirtschaftlichen Ausblick anbelangt."

Jen-Oliver Niklasch, LBBW

"Ein Rückgang hatte sich ja schon abgezeichnet, aber dass es so deutlich abwärts ging, schockiert dann doch. Wir stecken mitten in einer Rezession. Auch im zweiten Quartal dürfte es mit der Wirtschaftsleistung insgesamt spürbar bergab gehen. Eine Konjunkturerholung rückt einstweilen in weite Ferne."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank

"Das Ifo-Geschäftsklima ist zum zweiten Mal in Folge eingebrochen. Auch die anderen Frühindikatoren für die Industrie zeigen klar nach unten. Wir fühlen uns bestätigt in der Prognose, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erneut schrumpfen wird. Viele Volkswirte haben noch immer zu optimistische Konjunkturprognosen. Sie dürften sie weiter senken."

Alexander Krüger, Chefökonom Hauck Aufhäuser Lampe 

"Die trübe Lageeinschätzung zeigt, dass wachstumsseitig vorerst nichts zu erwarten ist. Der Erwartungsrückgang vermittelt das Gefühl von Endzeitstimmung. Die Befragung steigert die Konjunkturskepsis nochmals. Das liegt auch daran, dass die schwache Weltwirtschaft der Konjunktur nicht in die Karten spielt. Da die Belastungen der restriktiven EZB-Geldpolitik erst noch kommen, steht neues Ungemach schon vor der Tür. Das Konjunktursignal bleibt bestenfalls auf Stagnation gestellt, es droht eine Verlängerung der Rezession. Eine dynamische Erholung ist jedenfalls ausser Sicht. Für eine Stimmungswende bedarf es dringend politischer Impulse, gerade auch in der Energiefrage."

(Reuters)