Bereits im August übertrafen die Warenausfuhren in die Vereinigten Staaten die Marke von 100 Milliarden Euro: So früh wurde sie noch nie im Exportgeschäft mit einem einzigen Land geknackt. Insgesamt wuchsen die deutschen US-Exporte in den ersten acht Monaten um 27,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum auf 100,2 Milliarden Euro, wie aus vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Dem Bundesverband Grosshandel, Aussenhandel, Dienstleistungen (BGA) zufolge ist das nicht nur auf den schwachen Euro zurückzuführen, durch den deutsche Produkte auf dem US-Markt preislich wettbewerbsfähiger werden.

"Sicherlich hat der im Vergleich günstige Euro seinen Anteil an den guten Geschäften deutscher Exporteure in den USA", sagte BGA-Präsident Dirk Jandura am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Seit Jahresbeginn hat die Gemeinschaftswährung rund 15 Prozent an Wert zum Dollar verloren. Der Euro erweise sich jedoch auch gegenüber dem chinesischen Yuan als schwächer: Die Ausfuhren in die Volksrepublik legten in den ersten acht Monaten aber mit knapp fünf Prozent auf fast 72 Milliarden Euro weit weniger stark zu.

"Grösseres Gewicht für den Anstieg der deutschen Ausfuhren in die USA haben daher andere Entwicklungen der letzten Zeit", sagte Jandura. "Die umfangreichen Fiskalprogramme der Biden-Administration haben die Konjunktur in den USA so stark angekurbelt, dass nun davon auch deutsche Unternehmen erheblich profitieren." So wurde im vergangenen Jahr der billionenschwere "American Rescue Plan" aufgelegt und zuletzt ein Investitionsprogramm von 430 Milliarden Dollar beschlossen, der sogenannte "Inflation Reduction Act". Das treibt die Nachfrage nach Waren "Made in Germany".

«Handelskonflikte nicht gelöst»

"Auch begünstigt die aktuelle Schwäche der chinesischen Wirtschaft Neuorientierungsbewegungen deutscher Unternehmen, die ihre Exportabhängigkeit von China reduzieren und sich wieder stärker nach Westen orientieren", sagte der Aussenhandelspräsident. Darüber hinaus trügen auch noch die Aussetzung der gegenseitigen Strafzölle im Airbus-Boeing-Handelsstreit und die Aussetzung des Handelskonflikts um Stahl- und Aluminiumzölle dazu bei, dass sich die Bedingungen für den bilateralen Handel mit den USA verbessert hätten.

Ob das US-Geschäft aber auch künftig so gut laufen wird, ist offen. "Diese positive Entwicklung steht noch auf wackligen Beinen: Die genannten Handelskonflikte wurden nur verschoben und sind noch nicht gelöst", warnte Jandura. Ausserdem zeichneten sich schon die nächsten transatlantischen Streitpunkte ab, die das Potenzial hätten, eine neue Welle von Handelskonflikten auszulösen. "Auf US-Seite sind das insbesondere die neuen Bestimmungen zur steuerlichen Förderung von Elektroautos im Rahmen des Inflation Reduction Acts", sagte Jandura. Hier befürchten europäische Hersteller, gegenüber ihrer US-Konkurrenz benachteiligt zu werden. "Auf EU-Seite birgt der schon beschlossene CO2-Grenzausgleichmechanismus weiterhin grossen Sprengstoff für die Handelsbeziehungen." Der BGA setzt daher grosse Hoffnungen auf den EU-US-Handels- und Technologierat (TTC). "Der hat das Potenzial, die wirtschaftlichen Beziehungen über den Atlantik hinweg massgeblich weiter zu verbessern und zukünftige Konflikte zu entschärfen", sagte BGA-Präsident Jandura.

(Reuters)