Das Neugeschäft legte um 8,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten eine Stagnation erwartet. Zurückzuführen ist das kräftigste Plus seit Juni 2020 auf ungewöhnliche viele Grossaufträge in einer Reihe von Branchen. «Insbesondere wurden aussergewöhnlich viele Flugzeuge bestellt», hiess es dazu. Ohne diese Effekte wären die Bestellungen um 2,2 Prozent gefallen.

«Eine Zahl wie ein verspäteter Silvesterböller», kommentierte LBBW-Ökonom Jens Oliver Niklasch die unerwartete Entwicklung. «Damit konnte man nicht rechnen.» Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt. «Die Produktion wird dank Grossaufträgen über Wasser gehalten», sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. «Dass ohne Grossaufträge nicht viel los ist, unterstreicht die unterliegende Schwäche der Industrie.» Auch ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski rät dazu, die Daten «trotz der ersten Begeisterung mit einer grossen Prise Salz» aufzunehmen.

Die Bestellungen aus dem Inland stiegen im Dezember um 9,4 Prozent zum Vormonat. Die Auslandsnachfrage nahm um 8,5 Prozent zu. Ein Grossteil der insgesamt positiven Entwicklung ist auf den Bereich des sonstigen Fahrzeugbaus (Flugzeuge, Schiffe, Züge etc.) zurückzuführen: Hier waren die Auftragseingänge im Dezember mehr als doppelt so hoch (+110,9 Prozent) wie im Vormonat. Zusätzlich wirkten sich Grossaufträge in den Bereichen Herstellung von Metallerzeugnissen (+18,0 Prozent) und bei den Produzenten von elektrischen Ausrüstungen (+38,7 Prozent) positiv aus. In den gewichtigen Bereichen Automobilindustrie (-14,7 Prozent), Maschinenbau (-5,3 Prozent) und chemische Industrie (-3,7 Prozent) ging das Neugeschäft dagegen zurück.

«Auftragsbestände schmelzen»

Im vierten Quartal 2023 lag der gesamte Auftragseingang trotz des starken Dezembers nur um 0,1 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor. Im Gesamtjahr 2023 fiel er sogar um 5,9 Prozent niedriger aus als 2022, weil etwa die schwache Weltkonjunktur und hohe Zinsen die Nachfrage nach Waren «Made in Germany» belasten. «Betrachtet man den längerfristigen Trend, so ist die Auftragslage in der deutschen Industrie in den letzten zwei Jahren weiterhin rückläufig», sagte ING-Experte Brzeski. «Es bedarf noch vieler weiterer positiver Daten, um eine deutliche Erholung der Wirtschaft zu signalisieren.»

Das Ifo-Institut attestiert der Industrie einen Auftragsmangel, der immer mehr zu einer Belastung für die deutsche Konjunktur zu werden drohe. Im Januar berichteten 36,9 Prozent der Industriefirmen von fehlenden Aufträgen, wie die Münchner Forscher bei ihrer monatlichen Umfrage herausfanden. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor lag der Anteil nur bei 20,9 Prozent. «Der Auftragsmangel hat sich im letzten Jahr merklich verschärft. Kaum eine Branche bleibt davon verschont», sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. «Zudem schmelzen die Auftragsbestände.»

(Reuters)