Im Herbst steigen für gewöhnlich die Schweizer Aktienkurse. Seit 1988 gehören die Monate Oktober (durchschnittlich +1,3 Prozent), November (+1,2 Prozent) und Dezember (+1,6 Prozent) zu den besten im Jahresverlauf. Wie die folgende Grafik zeigt, ist das Muster einer Jahresendrally deutlich erkennbar.

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Investment Office

Nun, da die Schweizer Börse nach einer guten ersten Jahreshälfte und eher enttäuschenden Sommermonaten ins letzte Quartal einbiegt, stellt sich erneut die Frage nach einem Schlussspurt zum Jahresende. Marc Brütsch, Chefökonom von Swiss Life Asset Managers, ist etwas skeptisch und geht bis Jahresende von einer Seitwärtstendenz oder leicht steigenden Aktienmärkten aus. Sonst versprühen die von cash angefragten Experten mehrheitlich Optimismus für einen positiven Jahresschlussspurt.

So etwa Philipp Grüebler, CEO und Portfoliomanager von Grüebler Vermögensverwaltung in Zürich: "Ich glaube, dass der SMI Potenzial für eine Rally hat. Diese könnte aber bereits im Herbst stattfinden", sagt er auf Anfrage. Er sieht den Schweizer Leitindex in den kommenden drei Monaten noch bis auf 9600 Punkte ansteigen. Vom jetzigen Stand aus (9200 Punkte) wäre das nicht nur ein Plus von mehr als 4 Prozent, sondern auch ein neues  Allzeithoch.

Die Gründe für das weitere Kurspotenzial von Aktien identifiziert Vermögensverwalter Grüebler vor allem in deren Alternativlosigkeit aufgrund der nach wie vor tiefen Zinsen an den Märkten. Gerade in der Schweiz seien die Dividendenrenditen der Aktien im Vergleich zum Zinsniveau "sehr ansprechend".

Dividendenaktien bleiben liegen

Blickt man auf die Einzeltitel im SMI, sind es ziemlich genau diese Dividendentitel, die hinter dem Markt zurückgeblieben sind. Hat der SMI seit Jahresbeginn 12 Prozent zugelegt, sind es bei den traditionell dividendenstarken Swiss Re (-9 Prozent), Zurich (+5 Prozent) und Swisscom (+9 Prozent) zum Teil deutlich weniger (siehe Tabelle am Artikelende).

Zu Swiss Re meint Aktienexperte Grüebler: "Der Kurs notiert am Ende der Hurrikansaison gedrückt. Die Bewertung ist nun sehr tief, was sich in tiefem Price-Earnings- und Price-to-Book Ratio sowie einer hohen Dividendenrendite ausdrückt".

Bei den Dividendenaktien kommt noch ein saisonales Muster hinzu: Die Dividenden werden in der Regel im Frühling ausbezahlt, weshalb viele Anleger zu dieser Zeit einsteigen. Anastassios Frangulidis, Chefstratege der Privatbank Pictet, bringt noch einen anderen Grund ins Spiel. Das gute konjunkturelle Umfeld fördere sogenannte zyklische Aktien, was Dividendenaktien verhältnismässig weniger interessant mache. "Denn diese Firmen schütten die Gewinne eher an die Aktionäre aus anstatt sie in die langfristige Zukunft zu investieren", sagt Frangulidis.

Deshalb bevorzugt Frangulidis weiterhin konjunktursensitive Unternehmen. Es sind die zyklischen Aktien von Unternehmen wie Sika, Richemont, Swatch oder Julius Bär, die in diesem Jahr schon mehr als 20 Prozent rentiert haben.

Erwacht die «schlafende Schönheit»?

Bislang unterdurchschnittlich entwickelt haben sich die beiden Schwergewichte Nestlé und Roche. Doch zumindest Nestlé scheint in der Investorengunst wieder zu steigen. Der neue CEO Mark Schneider formulierte jüngst ein Margen- und Wachstumsziel, das am Markt positiv aufgenommen wurde. Dazu schrieb die Privatbank Lombard Odier in einem Kommentar, Nestlé sei keine "schlafende Schönheit" mehr.

Klar ist: Klammert man geopolitische Unwägbarkeiten wie nordkoreanische Raketentests aus, sieht die allgemeine Lage für den SMI nicht schlecht aus: In der Schweiz zeigen sich die Firmen optimistisch. Der Schweizer Einkaufsmanager-Index (PMI) nahm im September gegenüber dem Vormonat erneut zu und notiert weit in der Wachstumszone und auf dem höchsten Stand seit Februar 2011.

Auch Europas Wirtschaft strotzt vor Zuversicht, die meisten Vorlaufindikatoren signalisieren nochmals eine Wachstumsbeschleunigung im dritten Quartal. In den USA wiederum – für die Weltwirtschaft noch immer das wichtigste Land – nähert sich der Konjunkturzyklus allmählich seinem Höhepunkt.

Übrigens: Die langfristige durchschnittliche Jahresperformance von Aktien beträgt zwischen 6 und 8 Prozent. Der SMI hat also schon jetzt ein überdurchschnittlich gutes Jahr hinter sich.

Kursentwicklung der SMI-Titel in diesem Jahr

Oberes Ende SMI-AktienUnteres Ende SMI-Aktien
TitelKurs seit 1.1.17, in %TitelKurs seit 1.1.17, in %
Lonza+58Swiss Re-9
Sika+48UBS+4
Richemont+31Zurich+5
Swatch+27LafargeHolcim+6
Julius Bär+26Roche+7
Swiss Life+19Swisscom+9
Credit Suisse+15Nestlé+11
Adecco+15ABB+12
Geberit+13SGS+12
Givaudan+13Novartis+13

Quelle: cash.ch