Der Euro notiert zum Dollar mit 1,10 (aktuell 1,0955) nahe seinem erwarteten Höhepunkt im aktuellen Zyklus, sagte Javier Corominas, Direktor für globale Makro-Strategien bei der Research-Firma Oxford Economics, an einer Veranstaltung am Dienstag in Zürich. Und: «Für Schweizer Investoren ist die Zinsdifferenz zwischen Euro und Franken inflationsbereinigt einfach nicht gross genug, um in den Euro zu investieren. Der Euro wird zum Franken nicht mehr auf die Parität zurückkehren», so die Schlussfolgerung. Der Dollar wird auf der anderen Seite in einem globalen Kontext weiter stark bleiben, da die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen weniger stark als die Europäische Notenbank (EZB) senken wird. 

Wenig erfreuliche Perspektiven für die Eurozone

Die wirtschaftlichen Aussichten in der Eurozone schätzt Oxford Economics als trübe ein und erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bereits im kommenden April den Leitzins zum ersten Mal senken wird - gefolgt von weiteren Zinsschritten bis Ende 2024, welche den den Leitzins von aktuell 4,50 auf 2,50 Prozent drücken dürften.

Damit ist aber noch nicht Schluss: Auch im Folgejahr 2025 soll es zu drei weiteren Zinssenkungen kommen, so dass der europäische Leitzins Ende 2025 bei 1,75 Prozent stehen würde. Aktuell preist der Markt deutlich weniger aggressive Zinssenkungen der EZB ein. 

Derzeit ist das Lohnwachstum in Europa in Europa zwar hoch und deshalb werde die EZB an Ihrer geldpolitischen Sitzung im Dezember noch einmal eine hawkische Einstellung kommunizieren, führt Oliver Rakau, Chefökonom Deutschland von Oxford Economics, weiter aus. Die tieferen Stromtarife und verhältnismässig zahmen Lohnabschlüsse dürften dann ab Januar zu deutlich sinkenden Inflationsraten in der Eurozone beitragen.

«Zudem bleibt die Konjunktur in der Eurozone vorerst schwach und die Prognosen für das erwartete Wirtschaftswachstum für das vierte Quartal und das erste Quartal 2024 sind deutlich zu hoch.» Dies lässt sich gemäss Rakau aktuell auch an der schwachen Nachfrage nach Bankkrediten ablesen. Entsprechend wird die Konjunkturerholung in Europa erst gegen Ende nächsten Jahres einsetzen.  

Oxford Economics wurde 1981 in Oxford als kommerzielles Unternehmen mit dem Business College der Universität Oxford gegründet. Das Wirtschaftsberatungsunternehmen beschäftigt über 350 Ökonomen und Analysten in mehr als 20 Niederlassungen.

Amerika präsentiert sich verhältnismässig robust

Dass die Weltwirtschaft nicht in einer Rezession steckt, ist vorerst der Entwicklung der US-Konjunktur sowie den soliden Wirtschaftsdaten aus den Emerging Markets geschuldet. Die Ökonomen führen mit Blick nach Übersee an, dass die amerikanischen Unternehmen die markanten Zinserhöhungen bisher gut weggesteckt und die Investitionstätigkeit hoch gehalten hatten. Zudem zeigten sich die Immobilien- und Arbeitsmärkte widerstandsfähiger als erwartet und die Industriefirmen haben davon profitiert, dass die aufgestauten Aufträge von der Corona-Pandemie abgearbeitet werden konnten.

Diese positiven Faktoren dürften sich nun aber abschwächen, erklärte Rakau. In den USA steht immerhin keine Rezession vor der Tür, aber eine schwächere Wirtschaftsentwicklung, weil die Zinsanhebungen durch die Fed erst im kommenden Jahr ihre volle Wirkung entfalten werden und sich damit auch das Wachstum im Dienstleistungsbereich unterdurchschnittlich entwickeln dürfte.

Die amerikanische Notenbank Fed wird mit Blick auch auf die sich abschwächende Inflation ab Herbst 2024 die Leitzinsen senken, so die Ökonomen. Allerdings dürfte die amerikanische Notenbank die Zinsen bis Ende 2025 nur um bescheidene 0,75 Prozentpunkte reduzieren. 

US-Aktienmärkte überbewertet

Die Aktienmärkte haben aus Sicht von Oxford Economics bereits zu viele gute Nachrichten eingepreist und deshalb dürften sich US-Aktien im kommenden Jahr kaum positiv entwickeln. Die Aktienmärkte tendieren dazu, erst gegen Ende des Zinssenkungszyklus deutlich anzusteigen. Entsprechend sei die aktuelle Kursrally verfrüht.

Das lässt sich auch an den Risikoprämien ablesen, welche zu tief sind. Das Kurs-/Gewinnverhältnis an den US-Börsen ist 18 Prozent zu hoch und da das Gewinnwachstum bei den Unternehmen 2024 ausbleibt, drängt sich gemäss Corominas keine neuen Engagements auf. 

Ein Absage erteilen die Strategen auch den Bondbullen, welche auf sinkende Renditen und somit steigende Preise von amerikanischen Treasury Bond setzen. Gerade die privaten Investoren sowie die ausländischen institutionellen Investoren wie Schweizer Pensionskassen hielten sich mit Käufen zurück, wenn die Renditen wie in den letzten acht Tagen, sich stark rückläufig entwickelten. Entsprechend sei nicht zu erwarten, dass die Renditen nach dem Abschwung der letzten zwei Wochen weiter zurückgehen. 

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren