Bei Interroll stimmt momentan ziemlich vieles: Auftragseingang, Nettoumsatz und Reingewinn erreichten im Geschäftsjahr neue Bestmarken. Letzterer wuchs gar um 24 Prozent. Die Dividende soll deshalb um ein Drittel auf 16 Franken erhöht werden. Beim aktuellen Aktienkurs von 1227 Franken ergibt das eine Rendite von 1,3 Prozent.
Das ist im Vergleich mit anderen Schweizer Firmen wenig, passt aber zur Ausschüttungspolitik von Interroll. Die Auszahlungsquote soll bei 30 bis 35 Prozent des Gewinns liegen. "Nun sind wir etwas darüber, aber an dieser Politik ändert sich in Zukunft nichts", sagt CEO Paul Zumbühl im Video-Interview zu cash. Andere Unternehmen schütten mehr als 90 Prozent ihres Ertrags an die Aktionäre aus (cash berichtete). Ob das nachhaltig ist, muss aber in jedem Fall individuell beurteilt werden.
Wichtiger Umsatztreiber bei Interroll ist das Geschäft mit Online-Shopping, sogenanntes E-Commerce. Kleider, Bücher, Esswaren und andere Alltagsgegenstände werden im Internet bestellt und bis an die Haustüre geliefert. Diese Prozesse laufen vermehrt automatisch ab, und Interroll profitiert davon, weil die Firma Bestandteile für Förderbänder oder Sortieranlagen produzieren. Zu den Kunden gehören unter anderen Amazon, Coca-Cola, Coop oder Walmart, aber auch Flughäfen und Postunternehmen.
Wer sich in einer Schweizer Postfiliale umschaut und die vielen zur Abholung bereiten Zalando-Pakete sieht, bekommt eine Ahnung vom derzeitigen E-Commerce-Boom. Ein Boom, der laut CEO Zumbühl "erst begonnen hat". Er prophezeit über die nächsten fünf bis zehn Jahre weiterhin enormes Wachstum. "Besonders zuversichtlich sind wir für den Modebereich. Aber auch andere Bereiche des täglichen Gebrauchs werden immer mehr online bestellt."
Vom europäischen zum globalen Player
Trotzdem wird Interroll in Zukunft nicht stets im aktuellen Rhythmus weiterwachsen können. Der Konzern mit Sitz im Tessiner Sant' Antonio erwartet im laufenden Geschäftsjahr mit einer Verflachung des Gewinnwachstums. So muss beispielsweise ein Grossauftrag für die brasilianische Post kompensiert werden.
Einerseits soll das über eine grössere regionale Diversifizierung gelingen. Derzeit macht Interroll rund 60 Prozent des Umsatzes in Europa. Mittel- bis langfristig soll über 50 Prozent des Umsatzes ausserhalb von Europa gemacht werden – vor allem in Asien und auf dem amerikanischen Kontinent.
Dabei soll auch die unberechenbare Wirtschaftspolitik von Donald Trump nicht im Weg stehen, wie Paul Zumbühl sagt: "Trump will in den USA mehr produzieren. Wir sind dort mit drei eigenen Produktionswerken tätig. Davon können wir also profitieren."
Ein anderer Wachstumstreiber soll die Industrie 4.0 werden, also die noch konsequentere Kombination von industrieller Fertigung und Informationstechnologie. "Wir leben heute in einer Welt der Komplexität", sagt Zumbühl. Von der weiteren Digitalisierung will Interroll deshalb doppelt profitieren. Einerseits werden die eigenen Produktionswerke effizienter gemacht. Andererseits soll die Digitalisierung in den Nutzen des Kunden gestellt werden, zum Beispiel indem die Komplexität in den Distributionszentren reduziert wird. Das kann beispielsweise durch den Einsatz intelligenter Motoren gelingen, die von sich aus einen notwendigen Service signalisieren.
Erfolgreiche und teure Aktie
Auch die Aktie von Interroll ist auf Rekordjagd. In den letzten 52 Wochen legte sie 44 Prozent zu – am Schweizer Aktienmarkt ein Spitzenwert. Die starke Aktienperformance hat allerdings zur Folge, dass die Interroll-Aktie mittlerweile teuer geworden ist. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (für 2017) von 26 ist sie längst kein Schnäppchen mehr.
Am Freitag verliert die Interroll-Aktie denn auch mehr als 1,5 Prozent. Gut möglich, dass viele Anleger das gute Zahlenset zum Anlass nahmen, um Gewinne zu realisieren. CEO Paul Zumbühl sieht den starken Aktienkurs als Lohn für die gute Arbeit: "Wir haben unsere Strategie über Jahre solide aufgebaut und verfügen über ein internationales Netzwerk und hervorragende Technologien. Das widerspiegelt sich offenbar in unserem Aktienkurs."
Im Video-Interview mit cash äussert sich Paul Zumbühl zudem zu den Vorteilen des Standorts Tessin und zum Reformbedarf in Italien.