Zu unterschätzen ist der demographische Wandel keinesfalls. Staaten, Gesellschaften sowie wirtschaftliche und politische Systeme werden durch die Alterung der Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten stark umgestaltet.

So problematisch die Überalterung der Gesellschaft werden kann - für Unternehmen sind älter werdende Menschen aber schlicht und einfach auch eine wachsende Konsumentengruppe. Aus Sicht von Anlegerinnen und Anlegerinnen entstehen damit Renditechancen.

In vielen westlichen Ländern verfügen ältere Menschen über beträchtliche Vermögen. Die Zweige der Wirtschaft, die mehr und mehr von älteren Menschen profitieren, sind neben der Gesundheitsbranche vor allem die Immobilienindustrie, Reise-, Freizeit- oder Kosmetikunternehmen. Auch für die Konsumgüter- und Finanzbranche werden Senorinnen und Senioren immer wichtiger. Hier die Übersicht.

Immobilien

Mit einer grösser werdenden älteren Bevölkerung steigen die Ansprüche an spezielle Wohnungen. In der Schweiz existieren ausser der seit März 2018 an der Berner Börse kotierten Senioresidenz AG keine kotierten Immobilienunternehmen, die spezifisch Wohnraum für ältere Leute bauen. Zur Immobiliengruppe Swiss Prime Site gehört der Seniorenresidenzenbetreiber Tertianum, die Unternehmensgruppe erzielt insgesamt fast einen Drittel ihres Ertrags mit dem Segment «Leben im Alter». An der Schnittstelle zwischen Immobilienbewirtschaftung und Gesundheit angesiedelt ist die kotierte Hotel- und Privatspitalgruppe Aevis Victoria.

Im übrigen Europa gibt es Unternehmen, die stark auf Alterswohnungen spezialisiert sind. Die französische Orpea-Gruppe hat ihren Börsenwert seit dem Börsengang 2002 um das 14-fache gesteigert. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 31 ist die Aktie nicht billig. Günstiger gibt es das Papier der belgischen Unternehmen Cofinimmo oder Aedifica mit einem KGV von 25 oder 22, die ebenfalls stark international in Alters- und Pflegeimmobilien investiert sind und hohe Kurssteigerungen hinter sich haben.

Investoren müssen sich bewusst sein, dass solche Unternehmen schnell wachsen und daher schwankende Gewinnzahlen ausweisen, relativ hoch bewertet sind und wenig Dividende bezahlen. Die Geschäftsmodelle sind als Langfristinvestments aber interessant.

Freizeit, Lebensgewohnheiten und Trends

Kaufkräftige ältere Menschen sind bereit, Geld für Vergnügungen auszugeben. In der Reisebranche profitiert besonders die Kreuzfahrtindustrie davon. Es gibt drei grosse Passagierschiffkonzerne. Royal Caribbean hat seit dem Börsengang 2002 den Kurs um das 5,5-fache steigern können. Die Aktie des weltgrössten Konzerns Carnival ist heute 70 Prozent mehr Wert als 2003, während die Norwegian Cruise Line den Kurs seit dem IPO 2013 verdoppelt hat.

Doch Vorsicht: Kreuzfahrtschiffe gelten als Umweltverschmutzer, und der schnell wachsende Markt für Seereisen verträgt sich je länger, je schlechter mit der noch schneller wachsenden Klimaschutzbewegung.

Im weiteren Sinne sind die Trends Automatisierung, Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz Demographiethemen. Hilfen, die das Leben vereinfachen, werden im Alter wichtiger: So wären autonomes Fahren oder eine grössere Automatisierung des Haushalts gerade für Senioren ein Thema. cash.ch hat solche Zukunftsaktien unlängst hier vorgestellt.

Schweizer Branchen und Unternehmen

Geld in die Kassen spült die Bevölkerungsalterung klar der Gesundheitsbranche. So gesehen ist der Schweizer Leitindex SMI, wenn man ihn über einen Exchange Traded Fund kauft, durchaus (auch) ein Demographie-Investment: Die beiden Pharmaaktien Roche und Novartis sowie der Lifescience-Konzern Lonza und der Augenpflegekonzern Alcon machen zusammen etwa 40 Prozent des Index’ aus. Nestlé mit weiteren 18 Prozent am SMI-Gesamtgewicht entwickelt sich stärker in Richtung Gesundheitsfood-Anbieter. Auch dafür sind ältere Menschen ein wichtiger Markt.

Am breiten Markt findet sich eine Reihe von Unternehmen, deren Geschäftsmodelle im grösseren Masse von der demographischen Entwicklung abhängig sind. Dazu gehören die Pharmazulieferer Siegfried und Bachem, der Hörgerätehersteller Sonova, der Zahnimplantathersteller Straumann oder der Medikiamentenentwickler Vifor. In Reihe dieser Unternehmen eingereiht werden kann auch der Spitalausrüster IVF Hartmann oder Ypsomed, ein Hersteller von Injektionssystemen, unter anderem bei Diabetes. Dazu kommt eine Reihe von Biotechunternehmen, beispielswiese Idorsia, Newron oder Obseva, die zwar zum Teil auch wichtige Themen der Altersgesundheit erforschen und als Zulieferer der Pharmabranche ein hohes Potenzial aufweisen, allerdings auch in den Bereich sehr spekulativer Investments gehören.

Die Performance dieser Aktien ist sehr unterschiedlich. Der Subindex SWX SP Hlthcare2, der die Sektoren Medizinaltechnik, Gesundheitsversorgung und Biotechnologie der Schweizer Börse umfasst, hat seit Anfang Jahr 22,7 Prozent an Wert gewonnen. Der SXI Bio+Medtech kommt auf 20,4 Prozent. Während die grossen Pharmatitel dieses Jahr enorm gut liefen, zeigten sich die Kurse bei kleineren Aktien und den Biotechtiteln allerdings sehr volatil. 

Themenfonds

Ein Beispiel für einen aktiv gemangten Fonds ist von Lombard Odier der "LO – Golden Age", dessen grösste Positionen Nestlé, Pharmatitel wie Novo Nordisk, Roche und Abbott enthält, aber auch den amerikanischen Kosmetikkonzern Estée Lauder Companies. Die Performance seit 2010 beträgt 127 Prozent, die Gebühren liegen bei 1 Prozent. Dieser Fonds investierte ursprünglich vor allem in Pharmatitel, hat aber nach Aussagen von Fondsmangerin Meret Gaugler diversifiziert. 

Der von iShares angebotene ETF "Ageing Population" gibt es seit 2016 und ist auch in der Schweiz zugelassen. Der passive, börsengehandelte Fonds enthält 349 Aktien. Die Kosten sind mit einer Total Expense Ratio von 0,4 Prozent für einen ETF im mittleren Bereich, der Wert ist seit Beginn um 2 Prozent zurückgegangen.

Schwellenland-Investments

Bereits heute gibt es mehr über 65-Jährige in Asien als Menschen in den gesamten USA. 2042 wird nach einer Prognose des Beratungsunternehmens Deloitte die Zahl der über 65-Jährigen in Asien grösser sein als die Bevölkerung in der Eurozone und Nordamerikas zusammen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des demographischen Wandels werden ausserhalb Europas noch viel grösser sein.

Ein Schweizer Unternehmen, das heute schon auf dieses Thema ausrichtet, ist die Beteiligungsgesellschaft HBM Healthcare. HBM gehört zu den kleinkapitalisierten Firmen am Schweizer Aktienmarkt und ist zu rund zwei Dritteln in Biotechunternehmen investiert. Ein Fokus liegt auf Asien, die grösse Position ist Cathay Biotech mit 8 Prozent am Nettovermögen. Die Performance der vergangenen fünf Jahre bei HBM beträgt 120 Prozent, ausserdem schüttet die Gesellschaft bei 4 Prozent Dividendenrendite grosszügig aus.