Die Profiteure sind dabei weit gestreut und reichen von europäischen Vermögenswerten bis zum japanischen Yen. Gesucht sind Puffer, um die Turbulenzen an der Wall Street und die Unsicherheit über die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump abzufedern.

So bevorzugt Gordon Shannon, Co-Leiter des Bereichs Investment Grade bei TwentyFour Asset Management, Anleihen von europäischen Konzernen mit zuverlässigen Zinszahlungen. «In einem Szenario, in dem Trump einfach tut, wonach ihm der Sinn steht, kann ich die Auswirkungen nicht modellieren», erläutert Shannon. «Europäische Telekom-Firmen und Versorger sind gute Verstecke.»

Trumps Rückkehr ins Weisse Haus habe zwar noch nicht zu den erwarteten Zollerhöhungen geführt, aber die Unsicherheit bleibe gross. Nach Angaben der Bank of America haben Anleger in 23 aufeinanderfolgenden Wochen Geld in Fonds umgeschichtet, die in hochwertige europäische Unternehmenskredite investiert sind.

Trumps wachstumsfördernde Agenda wurde an der Wall Street zwar bejubelt und hat die Aktienrally kräftig angekurbelt. Zugleich sehen Anleger seine Rückkehr ins Weisse Haus zunehmend als Risikoquelle. «Es wird wahrscheinlich mehr Volatilität beim US-Dollar und bei vielen anderen Vermögenswerten geben», sagt Amelie Derambure von Europas grösstem Investor Amundi. Deshalb seien ihre Fonds nun stärker gegen plötzliche Veränderungen der US-Aussichten abgesichert. Mittel der Wahl seien etwa europäische Unternehmensanleihen, die von weiteren Zinssenkungen in der Eurozone profitieren könnten.

Wie drastisch die Kursausschläge sein können, demonstrierte zum Wochenanfang Nvidia. Die Erfolge des chinesischen ChatGPT-Rivalen DeepSeek führten zu einem Ausverkauf westlicher Technologiewerte. Am stärksten traf es den amerikanischen KI-Chiphersteller Nvidia, dessen Aktien um 17 Prozent abstürzten. Damit radierte DeepSeek bei dem bisherigen Börsenliebling knapp 593 Milliarden Dollar Börsenwert aus - das ist dem Datenanbieter LSEG zufolge der höchste Wertverlust bei einem Unternehmen an einem Tag. DeepSeek hat die KI nach eigenen Angaben deutlich kostengünstiger entwickelt und Chips mit geringerer Leistung eingesetzt.

Anleger rechnen mit weiteren Turbulenzen. Bereits zu Beginn von Trumps Präsidentschaft gab es einen Ansturm auf Vermögenswerte, die nach Ansicht der Anleger weniger empfindlich auf die Unsicherheiten der US-Politik und die Angst vor der künstlichen Intelligenz reagieren. Seit den US-Wahlen vom 5. November haben etwa an den Inflationsindex gebundene US-Anleihen rund 1,5 Prozent zugelegt, während ein Index von US-Treasuries um rund 0,4 Prozent gefallen ist.

Japanischer Yen als Nutzniesser

Ein weiterer Nutzniesser ist auch der japanische Yen, der am Montag gegenüber dem Dollar den höchsten Stand seit mehr als fünf Wochen erreichte. Die japanische Landeswährung könnte ein starker Puffer gegen Zollschocks sein, sagte Van Luu, Währungsstratege bei Russell Investments. Die Währungen aller Exportländer würden unter Handelskriegen leiden.

Zudem würden der Euro und der Schweizer Franken durch Zinssenkungen geschwächt. Schützenhilfe für den Yen lieferte zuletzt die Bank of Japan, die die Zinssätze auf den höchsten Stand seit der weltweiten Finanzkrise 2008 angehoben hatte und zudem ihre Inflationsprognosen nach oben korrigierte.

Seit dem Rückgang auf ein Sechsmonatstief Anfang Januar ist der Yen mehr als zwei Prozent auf rund 155 pro Dollar gestiegen. «Der Yen hat sich seit 2022 offensichtlich sehr schlecht entwickelt, daher denke ich, dass die Zeit für eine Trendwende relativ nah sein könnte», sagt Van Luu. Auch Alain Bokobza von der Société Générale empfiehlt seinen Kunden den Kauf des Yen. Die japanische Landeswährung könnte auch steigen, wenn japanische Anleger wegen der Turbulenzen an der Wall Street ihr Geld in ihr Heimatland zurückholen, erläuterte er.

Im Falle eines anhaltenden Einbruchs der US-Tech-Branche hätten auch Vermögenswerte wie etwa europäische Aktien und der britische FTSE 100, die während der langen Wall-Street-Rally «unbeliebt und unterbewertet» waren, eine Chance, sagte der Aktienstratege von Legal & General, Robert Griffiths. Derweil betonte Derambure von Amundi, dass sie weiterhin in Wall Street-Aktien investiert bleibe. Allerdings sichere sie diese mit Derivaten ab, die bei fallenden Kursen ausbezahlt würden.

«Es ist wichtig, ein gewisses Mass an Widerstandsfähigkeit in sein Portfolio einzubauen», betonte die Anlage-Expertin. Je nach Zoll-Szenario in den USA sei mit weiteren Höhen und Tiefen zu rechnen. «Letztendlich ist aber alles bis zu einem gewissen Grad gefährdet, und es gibt keine Anlage, die völlig sicher ist.»

(Reuters)