Möglich wurde dies durch einen komplizierten Deal mit dem EU-Mitglied Ungarn. Die EU-Staaten einigten sich in der Nacht zum Dienstag darauf, die Summe der blockierten Milliardenzahlungen an Ungarn im Streit um Verstöße gegen Rechtsstaatsprinzipen etwas zu reduzieren. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kündigte am Dienstag eine 15-prozentige Erhöhung der Renten an. Die Vereinbarung kam am Montag nach monatelangen Verhandlungen der EU-Kommission und der EU-Regierungen zustande. Ungarn hatte zuvor ein Veto sowohl gegen die Kredite an die Ukraine als auch gegen die von der OECD und 26 der 27 EU-Mitgliedsländern angestrebte Mindestkörperschaftssteuer eingelegt. Steuer- und Finanzfragen erfordern in der EU-27 stets Einstimmigkeit.

Die globale Mindeststeuer, auf die sich im Oktober 2021 knapp 140 Staaten geeinigt hatten, soll weltweit für mehr Steuergerechtigkeit sorgen und vor allem international tätige Konzerne in die Pflicht nehmen, die heute aufgrund geschickter Gewinnverlagerungen oft kaum Steuern zahlen. Am Montagabend nahm Ungarn sein Veto zurück, nachdem die EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt hatten, den Betrag der eingefrorenen Gelder für Ungarn von 7,5 Milliarden Euro auf 6,3 Milliarden zu verringern. Dies betrifft das Geld zur Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU. Die EU-Kommission hatte Ungarn einen Katalog von Anforderungen geschickt, die es im Streit um Rechtsstaatsprinzipien erfüllen muss, bevor die EU-Hilfsgelder fliessen können. Dabei geht es um die Unabhängigkeit der Gerichte und Bekämpfung von Korruption auf höchster Ebene. Die Zustimmung der EU war von entscheidender Bedeutung, da Budapest 70 Prozent des Gesamtbetrags endgültig verloren hätte, wenn der Ausgabenplan nicht vor Jahresende festgelegt worden wäre.

Die 6,3 Milliarden Euro entsprechen 55 Prozent des EU-Geldes, die Ungarn bis 2027 aus dem EU-Haushalt erhalten soll. Die Kommission wollte bisher 65 Prozent des Geldes einfrieren. Die EU-Mittel machen zusammen mehr als acht Prozent des ungarischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2022 aus. Premierminister Orban braucht das Geld für seine Wirtschaft, in der die Inflation auf 26 Prozent gestiegen ist. Zudem ist die Staatsverschuldung in die Höhe geschossen und der Wert der Währung Forint abgesackt.

Während seiner mehr als zehnjährigen Regierungszeit hatte Orban bereits zahlreiche Auseinandersetzungen mit der EU, weil er die Grundsätze der liberalen Demokratie in Ungarn durch die Einschränkung der Rechte von Medien, Akademikern, Richtern, Nichtregierungsorganisationen, Migranten und LGBTI-Personen nach Ansicht der EU-Kommission und vieler Mitgliedstaaten beschädigt.

Ungarn hoffe nun, in den nächsten Tagen Finanzierungsvereinbarungen mit der EU unterzeichnen, um auch die restlichen Milliarden Euro an Sanierungs- und Entwicklungsgeldern ausgezahlt zu bekommen, sagte der ungarische EU-Unterhändler Tibor Navracsics in Budapest. Das Parlament werde bis Ende März eine Reihe von Gesetzen verabschieden, um die EU-Auflagen zu erfüllen.

(Reuters)