Aus Sicht vieler Börsianer könnte vor allem die ungewisse politische Lage in Frankreich erst einmal für Zurückhaltung sorgen. «Aktuell ist die Chance für eine erfolgreiche Vorrunde der deutschen Fussball-Nationalmannschaft höher als für einen positiven Stimmungsumschwung an der Frankfurter Börse», meint Experte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. 

In der abgelaufenen Woche hat der deutsche Dax zum Beispiel knapp drei Prozent verloren. Der Swiss Market Index gab von Montag bis Freitag 2 Prozent nach.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach der Europa-Wahl überraschend Neuwahlen angeordnet, nachdem sein Bündnis von dem euroskeptischen und rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) klar geschlagen wurde. Anleger fürchten, dass Frankreich bei einem Wahlsieg des RN von Marine Le Pen in eine Staatsschuldenkrise schlittern könnte.

Die Partei fordert etwa eine Herabsetzung des Renteneintrittsalters und eine protektionistische Wirtschaftspolitik á la Ex-US-Präsident Donald Trump nach dem Motto «Frankreich zuerst». «Grössere Reform- und Sparanstrengungen dürften dann ausbleiben», sagt Helaba-Strategin Claudia Windt. In den vergangenen Tagen zogen die Renditen der französischen Staatsbonds bereits deutlich an.

«Macrons Kalkül scheint zu sein, dass er entweder eine Koalition bilden kann, um Le Pen zu stoppen und so sein Mandat zu bekräftigen sowie den Schwung der Rassemblement National aufzuhalten», sagt Mark Dowding, Chefanleger beim Vermögensverwalter BlueBay. Oder er hoffe, dass die Partei im Falle eines Sieges ihre Amtszeit verpfusche und so Le Pens Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2027 vereitelt werde. «Dies hat jedoch etwas von einem Glücksspiel. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob sich dieser Schritt auszahlt.»

Neben dem politischen Beben in Frankreich dürfte auch der neu entflammte Handelskonflikt der Europäischen Union mit China die Kauflaune vieler Investoren bremsen. Trotz Warnungen der deutschen Autoindustrie hatte die EU-Kommission angekündigt, dass sie ab Juli bestimmte Elektroauto-Einfuhren aus China mit Sonderzöllen belegen könnte. Bis Anfang Juli soll nun verhandelt werden, ob die Massnahmen noch abgewendet werden können. China hatte mit Gegenmassnahmen gedroht.

Sitzung der chinesischen Zentralbank

Nach der Zinswende der Europäischen Zentralbank blicken Anleger am Dienstag auf die finalen Daten zu den Verbraucherpreisen im Euroraum für Mai. In vorläufigen Zahlen war eine Teuerungsrate von 2,6 Prozent ermittelt worden, nach einer Rate von 2,4 Prozent im April. Damit hat die Jahresteuerung in diesem Jahr erstmals angezogen. Die EZB will sich auf dem weiteren geldpolitischen Pfad von den Daten leiten lassen.

Ebenfalls am Dienstag fühlt das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) den Börsianern den Puls. Die Belebung der Weltwirtschaft hatte die Börsenprofis im Mai so optimistisch für die deutsche Konjunktur gestimmt, wie seit über zwei Jahren nicht mehr. Die aktuelle Umfrage unter Analysten und Anlegern wird zeigen, ob sich nach der EZB-Zinssenkung im Juni die Stimmung weiter verbessert hat.

Zur Wochenmitte werden die Daten zu den britischen Verbraucherpreisen im Mai veröffentlicht - nur einen Tag vor der Zinssitzung der Notenbank. Nach einem jahrelangen Höhenflug der Inflation hatte der Preisauftrieb auf der Insel zuletzt spürbar nachgelassen. Mit abebbendem Preisdruck würde sich die Bank of England (BoE) ihrem Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent nähern und könnte aus Sicht von Händlern im September eine Zinssenkung ins Auge fassen.

Jedoch sei die Kernteuerung weiterhin recht hoch, was unter anderem dem starken Lohnwachstum geschuldet sei, warnte Strategin Windt. «Der Bank of England fehlen auf ihrer anstehenden Sitzung insgesamt die Argumente, den Leitzins zu senken, nachdem sie zuvor schon den Weg für eine Zinswende bereitet hatte.»

Am Donnerstag steht auch die Sitzung der chinesischen Zentralbank auf der Agenda. Der geldpolitische Schlüsselsatz der People's Bank of China, die sogenannte Loan Prime Rate (LPR) für einjährige Kredite, wurde zuletzt bei 3,45 Prozent belassen. Auch die fünfjährige LPR blieb unverändert bei 3,95 Prozent.

Die meisten neuen und ausstehenden Kredite basieren auf dem einjährigen LPR, während der fünfjährige Zinssatz die Preisgestaltung von Hypotheken beeinflusst. Die Zentralbank hatte den fünfjährigen Referenzzinssatz zuletzt im Februar um einen Viertelprozentpunkt gesenkt, um den angeschlagenen Immobilienmarkt zu stützen.

(Reuters)