2024 war ein aussergewöhnliches Börsenjahr - allerdings vorab für die US-Aktienmärkte. Denn während die Tech-Börse Nasdaq 100 und der breitgefasste S&P 500 mit Jahresgewinnen von über 20 Prozent glänzten, blieben Teile Europas, einschliesslich des Schweizer Aktienmarkts, zurück. Die bescheidene Performance des Swiss Market Index (SMI) von 4 Prozent war jedoch auf die magere Kursausbeute von Nestlé, Novartis und Roche zurückzuführen, die im Leitindex fast 45 Prozent der Gewichtung ausmachen.

Für die Analysten von Kepler Cheuvreux gibt es nur leicht positive Aussichten für 2025. Themen wie Frankenstärke, US-Zölle und konjunkturelle Unsicherheit in Westeuropa dürften im angelaufenen Jahr die grossen Herausforderungen für hiesige Unternehmen sein. Dennoch sehen Banken für ausgewählte Aktien Potenzial. Der Überblick:

Kepler Chevereux: Bilanzen, Zölle und Wachstum

Die Analysten von Kepler Cheuvreux setzen angesichts unsicherer Aussichten auf Unternehmen mit soliden Bilanzen, stabilen Fundamentaldaten, begrenzten Zollrisiken und solidem Wachstum. Einer der Favoriten ist Burckhardt Compression. Die Aktie hat schon im 2024 rund 25 Prozent zugelegt und befindet sich knapp auf einem Rekordhoch. Der Kolbenkompressorenhersteller aus Winterthur profitiert von starken Auftragseingängen und einem margenstarken Servicegeschäft. Der positive Geschäftsverlauf veranlasste das Unternehmen kürzlich, die Finanzziele zu erhöhen. Kepler sieht in Burkhardt auch ein Dividendenwachstumstitel.

Mit dem Rückgang des europäischen Leitzinsniveau dürfte die lang erwartete Erholung der Baubranche im nächsten Jahr eintreffen. Kepler erwartet daher, dass die Aktie von Geberit von einer erneuten Aufstockung der Lagerbestände profitieren wird. Chancen sieht Kepler bei drei weiteren SMI-Aktien. Bei Givaudan dürfte eine Dynamik die Kurse positiv beeinflussen und zu einem Wachstum von 4 bis 5 Prozent pro Jahr anstatt der Marktrate von 2 bis 3 Prozent pro Jahr führen. Die jüngste Schwäche der Givaudan-Aktie bietet demnach eine Einstiegschance. 

Für die Nestlé-Aktie spricht die «normalisierte» Bewertung. Nachdem die Titel des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns seit Anfang 2022 um fast 50 Prozent korrigiert haben, könnte hier für Anleger ein attraktiver Einstiegspunkt sein. Der Pharmakonzern Novartis wiederum ist gemäss Kepler trotz der durchaus positiven Resultate «weder ein Marktfavorit noch als ‘Konsenuns-Kauf’ eingestuft». Dies habe dies zum Ausbleiben einer signifikanten positiven Kursreaktion beigetragen. Daher und insbesondere mit der Wahrscheinlichkeit weiterer Umsatz- und Ergebnisverbesserungen ist der Pharmakonzern für Kepler umso attraktiver.

Trotz eines Kursrückgangs bei Inficon um rund einen Drittel seit Mitte 2024 ist das Messtechnikunternehmen eine interessante Alternative zu anderen Halbleiterherstellern dank der Beiträge aus anderen Endmärkten - sie bilden ein gesundes Gegengewicht. «Aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit glauben wir, dass das Unternehmen unabhängig von einer möglichen Abschwächung der Gesamtwirtschaft weiterhin mit einem jährlichen Wachstum von 10 Prozent wachsen kann.» Für die Aktie von Julius Bär sprechen die eingeleiteten Massnahmen nach dem Signa-Debakel. Der Vermögensverwalter musste vor rund einem Jahr hunderte Millionen Franken an Krediten abschreiben. Die gleichzeitige Strategieanpassung vom Netto-Neugeldzuwachs zu Gunsten eines nachhaltigen Gewinnwachstums sowie kostensenkende Massnahmen dürften der Privatbank zu höheren Erträgen verhelfen. Mit Stefan Bolliger erhält Bär per Februar 2025 zudem einen neuen CEO.

Vontobel: Kapitalintensive Sektoren 

Die Experten der Bank Vontobel setzen auf defensive wie auch zyklische Werte. Besonders Unternehmen in kapitalintensiven Sektoren dürfen durch das Freisetzen von Investitionen aufgrund fallender Zinsen positiv abschneiden. Ihre Aktienfavoriten sind Adecco, Aryzta, Holcim, Flughafen Zürich, Richemont, Sandoz, Siegfried, Sika, Swiss Prime Site, Swiss Re und UBS.

Trotz eines katastrophalen Kursverlaufs des Temporärarbeitsvermittlers Adecco - die Aktie befindet sich auf dem Stand von Anfang 1996 - sehen die Vontobel-Experten das Unternehmen gut auf Kurs. Die Kosteneinsparungen sollten wie erwartet umgesetzt und damit die Rentabilität gewahrt werden. Der verbesserte Cashflow-Trend sei ein wichtiger Faktor für die «Aufrechterhaltung einer progressiven Dividende». In der Baubranche sehen die Vontobel-Analysten eine bevorstehende Erholung. Infolgedessen setzt sich bei Holcim gemäss Vontobel die Margenausweitung weiter fort. Auch Sika - 2024 drittschlechteste SMI-Aktie - dürfte den Sektor aufgrund hoch innovativer Produkte übertreffen.

Für den Luxusgüterkonzern Richemont bleibt der chinesische Markt zwar ein Bremsklotz. Trotzdem sehen die Vontobel-Experten eine Fortsetzung der starken Leistung im Bereich «Jewellery Maisons», wo besonders die Marken Cartier und Van Cleef sehr gut abschneiden und Marktanteile gewinnen. 

Die Sandoz-Aktie hatte mit fast 40 Prozent im Jahr 2024 eine Top-Performance. Die US-Biosimilar-Strategie ist laut Vontobel für das Generika-Unternehmen enorm wichtig. Da diese gemäss Erwartungen verläuft, dürften wichtige Wachstumstreiber auch im kommenden Jahr bestehen bleiben.

Für die weiteren Schweizer Aktien-«Top-Picks» Swiss Re, UBS und Swiss Prime Site sieht Vontobel positive Signale aufgrund der Zinsentwicklung und die damit verbundene Aktionärsrendite. Beim Flughafen Zürich dürfte zudem ein neues Gebührenmodell zu stabilen Einnahmen führen.

Zürcher Kantonalbank: Zinsen, Renditen und Bewertungen

Bei den SMI-Unternehmen setzt die Zürcher Kantonalbank (ZKB) nebst Holcim zunächst auf den Vermögensverwalter Partners Group, der sich auf den Privatmarkt spezialisiert hat. Die Firmen in diesem Bereich sitzen laut ZKB auf viel trockenem Pulver und «reifen» Vermögenswerten, was in den kommenden Quartalen investiert oder realisiert werden müsse - wovon Partners Group profitieren werde.

Die Aussichten für Roche sind nicht euphorisch, nachdem der Pharmakonzern 2022 bis 2023 nach mehreren Rückschlägen bei Studienergebnissen gegenüber der Konkurrenz deutlich an Boden verloren hat. Die ZKB erwartet für 2025 und 2026 aber ein gutes Gewinnwachstum. Die faire Bewertung des Roche-Titel suggeriere auf Basis des freien Cashflows einen einen Wert von 334 Franken (derzeit: rund 250 Franken).

Sonova dürfte von den Fortschritten bei der Künstlichen Intelligenz (KI) profitieren. Der Hörgerätespezialist wird laut ZKB dank seiner KI-Plattform stärker wachsen als die Konkurrenz. Die Branche - mit Sonova als Marktleader - ist ohnehin einer der Hauptgewinner des demografischen Alterungstrends. Und die Marktdurchdringung ist bei Hörgeräten tief, vor allem im Segment mit mildem bis moderatem Hörverlust.

Bei den mittelgross kapitlisierten Firmen setzt die ZKB auf Emmi und Helvetia, dann auch auf BKW. Die deutlich höher abgesicherten Strompreise dürften beim Berner Stromkonzern kurz- und mittelfristig zu einer signifikanten Ergebnisverbesserung führen, was nach Ansicht der ZKB im Kurs und Konsensus noch nicht abgebildet ist. Die Burgdorfer Firma Ypsomed, das sich auf Injektionssysteme aller Art spezialisiert, profitiert vom Trend zur Selbstmedikation und dem steigenden Anteil injizierbarer Medikamente im Bereich Biologics inklusive Biosimilars. Dank der Plattformstrategie ist Ypsomed schnell bei neuen Projekten - zum Beispiel bei Abnehmspritzen. Auch den Online-Broker Swissquote sehen die ZKB-Analysten weiterhin auf Wachstumskurs. Die Aktie hat 2024 bereits über 60 Prozent zugelegt. Befürchtungen wegen eines möglichen Ertragsrückgang aufgrund rückläufiger Zinsen sind laut ZKB übertrieben.

Schwyzer Kantonalbank und Basler Kantonalbank: Wachstumsschwäche in den USA und Erholung in Europa

Ein sich abschwächendes Wachstum in den USA und eine erwartete Erholung in der Eurozone ist gemäss den Analysten der Schwyzer Kantonalbank positiv für Aktienanlagen hierzulande. Von einem solchen Szenario sollten besonders wachstumsstarke sowie konjunktur- und zinssensitive Unternehmen profitieren.

Zu den Aktienfavoriten der Schwyzer KB gehört vor allem Lonza, die beste SMI-Aktie 2024 mit einem Gewinn von rund 50 Prozent. Mit dem Verkauf des Geschäfts mit Kapseln und Nahrungsergänzungsmitteln wird Lonza zum reinen Auftragsfertiger für die Pharmaindustrie. Beim Luxusgüterhersteller Richemont gehen die Experten der Schwyzer Kantonalbank bereits im 2025 von einer Nachfrageerholung aus. Für das Immobilienunternehmen PSP spricht das sinkende Zinsniveau in der Schweiz, womit die Aktie laut Schwyzer KB erneut als "Obligationenersatz" gekauft werden kann.

Für das Investment Research der Basler Kantonalbank (BKB) führte das (Börsen-)Motto «Make America Healthy Again» 2024 führte zu einer grösseren Verunsicherung bei Aktien aus den Sektoren Gesundheit sowie Nahrungsmittel. Davon betroffen Nestlé, Novartis und Roche. Die drei SMI-Schwergewichte sind aber wie jedes Jahr bewusst nicht auf der BKB-Liste der Schweizer Jahresfavoriten.

Die Aktien von Sandoz, SIG, UBS, Sika, und Zurich Insurance werden nach 2024 auch für dieses Jahr empfohlen. Neu bei den BKB-Jahresfavoriten sind Richemont, Julius Bär, Swissquote und BKW, die Auswahl deckt sich damit mit derjeniger anderer Banken. Zusätzlich auf der BKB-Auswahl ist Vakuumventilehersteller VAT. Er hat mit einem Verlust von rund 20 Prozent ein schlechtes Börsenjahr hinter sich. Das Plus laut BKB: VAT Group beschäftige im Branchenvergleich wenig Mitarbeiter und sei grösstenteils in der Schweiz tätig.

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