Auf Drängen der Aufsichtsbehörden hat die UBS ihren anfänglichen Widerstand gegen eine Transaktion aufgegeben und prüft mögliche Strukturen, die schnell umgesetzt werden könnten, um eine tiefe Vertrauenskrise zu beenden, erklärten Personen, die mit den Gesprächen vertraut sind. Die UBS verlange von der Schweizer Regierung eine Garantie für mögliche Risiken und Verluste, die sich aus der Not-Übernahme ergeben könnten.
Die Beteiligten versuchen nun, möglicherweise noch offene heikle Fragen zu klären, wie zum Beispiel die Frage einer staatlichen Absicherung und das Schicksal der Investmentbank des kleineren Unternehmens.
Bei den komplexen Gesprächen über den potenziell ersten Zusammenschluss zweier global systemrelevanter Banken seit der Finanzkrise haben sich auch die Schweizer und die US-Behörden eingeschaltet, wie einige der Personen sagten. Nach einer Woche, in der Kunden ihr Geld abzogen und Gegenparteien von einigen Geschäften mit der Credit Suisse zurücktraten, drängen alle Seiten auf eine schnelle Lösung. Ziel ist es, bis spätestens Sonntagabend eine Einigung zwischen den beiden Banken zu verkünden. Ein Deal noch am Samstag wird für möglich gehalten.
Ein wahrscheinliches Szenario sieht vor, dass die UBS die Credit Suisse erwirbt, aber letztlich nur das Wealth und das Asset Management behält, die Investmentbank hingegen abstösst, heisst es. Die Gespräche über das Schicksal der profitablen Schweizer Banksparte der Credit Suisse seien noch im Gange. Diese dürfte für die UBS zwar attraktiv sein, könnte aber zu einer zu starken Konzentration des einheimischen Bankensektors führen, so die Personen.
Vertreter von UBS, Credit Suisse und dem Schweizer Finanzministerium lehnten eine Stellungnahme ab.
Ein von oben arrangierter Deal böte die Chance, die Krise der Credit Suisse zu beenden, die in dieser Woche das globale Finanzsystem erschütterte. Eine Liquiditätshilfe der Nationalbank konnte den Absturz der Aktien- und Bondkurse der Credit Suisse nur kurzzeitig aufhalten. Das Drama an den Finanzmärkten birgt das Risiko, dass sich die Flucht von Kunden und Gegenparteien fortsetzt, was Auswirkungen auf das gesamte System haben könnte.
Andere Banken in Wartestellung
Andere Finanzunternehmen, darunter die Deutsche Bank, beobachten die Situation für den Fall, dass attraktive Geschäftsbereiche der Credit Suisse entweder im Rahmen einer UBS-Übernahme oder einer anderen Form der Aufspaltung auf den Markt kommen, wie mit den Gesprächen vertraute Personen berichten.
Die Übernahmediskussionen setzen auch ein Fragezeichen über den Plan der Credit Suisse, ihre Investmentbank unter der traditionsreichen Marke First Boston auszugliedern. Die Credit Suisse arbeitet an der rechtlichen und operativen Abtrennung des Geschäftsbereichs, aus dem die CS First Boston hervorgehen soll, aber diese Bemühungen befinden sich noch im Anfangsstadium. Bankchef Ulrich Körner sagte jüngst, dass ein Börsengang des Geschäftsbereichs im Jahr 2025 möglich sei.
Die Credit Suisse hat auch ihr Handelsgeschäft verkleinert, das aber immer noch einen grossen Teil des Kapitalbedarfs der Bank ausmacht.
“Die Investmentbank ist der Teil, den die meisten Leute abspalten wollen”, sagt James Athey, Investment Director bei Abrdn. “Dort sind wahrscheinlich viele dieser Risiken angesiedelt. Das ist also die Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.”
Bloomberg hatte zuvor berichtet, dass Schweizer Regierung, SNB und Finma Szenarien zur Stabilisierung der Credit Suisse erörtern. Bisher hatte sich die Führungsriege der UBS gegen eine solche arrangierte Ehe gesperrt und hätte es vorgezogen, ihre eigene Strategie zu verfolgen, die ganz auf Wealth Management ausgerichtet ist. Sie sträubte sich vor allem gegen die Übernahme von Risiken im Zusammenhang mit der Credit Suisse.
Die Credit Suisse hat in Summe im letzten Jahrzehnt keine Gewinne gemacht, was auch auf Kosten für Rechtsstreitigkeiten zurückzuführen ist. Laut Bloomberg Intelligence hatte die Credit Suisse Ende 2022 über 1,2 Milliarden Franken an Rückstellungen für Rechtsrisiken in den Büchern, wobei ausstehende Klagen und aufsichtliche Verfahren diese Summe um weitere 1,2 Milliarden Franken erhöhen könnten.
Der Marktwert der Credit Suisse ist von einem Höchststand von mehr als 100 Milliarden Franken im Jahr 2007 auf rund 7,4 Milliarden Franken gesunken. Jener der UBS liegt bei 60 Milliarden Franken. CS-Kunden zogen im Schlussquartal des vergangenen Jahres mehr als 110 Milliarden Franken ab, nachdem Zweifel über ihre finanzielle Gesundheit zunahmen.
Eine Fusion der beiden Schweizer Grossbanken, deren Zentralen sich am Paradeplatz in Zürich direkt gegenüberstehen, wäre ein historisches Ereignis für die Eidgenossenschaft und darüber hinaus die gesamte globale Hochfinanz.
Beide werden vom Financial Stability Board als weltweit systemrelevant eingestuft. Sie sind auch miteinander verbunden durch einen häufigen Austausch von Spitzenmanagern. Die derzeitigen Spitzen der Credit Suisse — Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und Bankchef Körner — sind beide ehemalige UBS-Manager.
(Bloomberg)