Mit einem über den Erwartungen liegenden Quartalsergebnis und ehrgeizigeren Vorgaben warb die neue Konzernchefin Bettina Orlopp am Mittwoch bei den Anlegern für Rückendeckung für ihren Kurs. «Unsere Zahlen und unser starkes Kundengeschäft unterstreichen, dass unsere Strategie greift.»

Unicredit-Chef Andrea Orcel buhlt indes weiter um Deutschlands zweitgrösstes börsennotiertes Geldhaus. Die beiden Institute passten perfekt zusammen, sagte der Italiener bei der Veröffentlichung des eigenen Zwischenberichts. Er rechnete mit einer Entscheidung, eine mögliche komplette Übernahme der Commerzbank einzuleiten, innerhalb eines Jahres.

Italiens zweitgrösste Bank hat sich über Finanzderivate nach eigenen Angaben Zugriff auf bis zu 21 Prozent der Anteile an der Commerzbank gesichert. Sie hat zudem bei den bei der Europäischen Zentralbank angesiedelten Aufsichtsbehörden beantragt, die Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent ausbauen zu können. Börsianer spekulieren darauf, dass die Unicredit die Commerzbank übernehmen will.

«Wir konzentrieren uns auf die Umsetzung unserer eigenen Strategie, denn es liegt nichts auf dem Tisch», sagte Orlopp in einer Medienkonferenz. «Wir haben kein Angebot erhalten.» Unicredit habe kürzlich um ein weiteres Investorengespräch gebeten. Orlopp erklärte, dieses Gespräch dürfte zeitnah stattfinden. Von Verhandlungen über einen Zusammenschluss will sie aber nichts wissen. Die bestehende Strategie 2027 sei mit geringen Umsetzungsrisiken verbunden und dürfte den Aktienkurs nach oben treiben. «Da haben wir ja noch einen Weg zu gehen und daher haben wir überhaupt keine Veranlassung, im Moment von unserer Seite aus ein Gespräch zu führen.»

Die Bundesregierung hält noch zwölf Prozent an dem Frankfurter Institut. Nachdem die Unicredit ein Paket von 4,5 Prozent aus dem Besitz des Bundes bei einer Auktion erworben und damit die Regierung auf dem falschen Fuss erwischt hatte, hat sie weitere Verkäufe aus dem in der Finanzkrise erworbenen Paket auf Eis gelegt.

In deutschen Regierungskreisen wurde zuletzt eingeräumt, dass das Vorgehen der Unicredit kaum gestoppt werden könne. Denkbar sei es, die restlichen zwölf Prozent des Bundes in Verhandlungen zu nutzen, beispielsweise für Zugeständnisse wie Standortsicherungen in Deutschland. Derzeit gebe es aber keine richtigen Gespräche der Regierung mit Unicredit. Die Regierung sieht den Ball derzeit im Feld der Commerzbank.

Hochrangige Ampel-Vertreter hatten sich öffentlich überrascht von den Avancen der Mailänder gezeigt und vor einer feindlichen Übernahme gewarnt. Die Eigenständigkeit der Commerzbank ist für Berlin die bevorzugte Variante. Es wird ansonsten der Abbau zahlreicher Jobs und ein Bedeutungsverlust befürchtet.

Unicredit bemüht sich derweil, solche Bedenken in Deutschland zu zerstreuen. Der Trend in der Branche bedeute, «dass einige schwierige Entscheidungen nötig wären», hiess es in einer Präsentation zu den Quartalszahlen. «Unicredit ist aber bekannt dafür, diese in konstruktiver Weise mit den Arbeitnehmervertretern zu managen.»

Zur Frage, ob die Autonomie der Commerzbank gefährdet wäre, hiess es in der Präsentation, Unicredit habe eine zentrale Strategie, aber bei der deutschen Unicredit-Tochter HypoVereinsbank würden alle relevanten Entscheidungen in Deutschland getroffen. Die Unicredit habe weiter zwei Optionen: Das Engagement bei der Commerzbank ausbauen bis zu einem Zusammenschluss, wenn die Bedingungen stimmten. Oder den Commerzbank-Anteil abbauen und dabei «hoffentlich einen deutlichen Gewinn» erzielen.

 

 

Beide Institute waren am Mittwoch bemüht, die jeweils guten Aussichten für das eigene Geschäft hervorzustreichen. Bei der Commerzbank schmälerte ein geringerer Zinsüberschuss und eine gestiegene Risikovorsorge für Kreditausfälle zwar den Konzerngewinn von Juli bis September 2024 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 6,2 Prozent auf 642 Millionen Euro, übertraf damit aber die Analystenschätzungen.

Für das Gesamtjahr 2024 peilt die Commerzbank weiter einen Konzerngewinn von rund 2,4 Milliarden Euro und damit ein höheres Ergebnis als im Geschäftsjahr 2023 an. Das Institut hob indes seine Prognose für den Zinsüberschuss auf 8,2 Milliarden Euro von bisher rund 8,1 Milliarden an. Gleichzeitig schraubte die Bank den Ausblick für den Provisionsüberschuss hoch, der nun mehr als fünf Prozent statt nur vier Prozent über dem Vorjahresniveau liegen soll. Zum Vergleich: Unicredit erhöhte die Gewinnprognose für 2024 auf über neun Milliarden Euro.

(Reuters)