Die Fosun Tourism Group und die Gläubigerbanken wollen 750 Millionen Pfund (rund 930 Millionen Franken) frisches Geld bereitstellen, damit der 178 Jahre alte Traditionskonzern die Wintersaison 2019/20 übersteht, wie Thomas Cook am Freitag mitteilte. Die Gespräche darüber seien weit fortgeschritten. Zugleich soll das Unternehmen drastisch entschuldet werden. Die übrigen Aktionäre werden dadurch aber weitgehend verdrängt. Die Thomas-Cook-Aktie stürzt an der Londoner Börse um 47 Prozent auf ein Allzeittief von sieben Pence ab.

Die Touristiksparte wird mit der Sanierung vom Ferienfluggeschäft mit der deutschen Condor getrennt, die Zusammenarbeit soll aber weitergehen. Ein Verkauf der Fluggesellschaft, an der die Lufthansa Interesse gezeigt hatte, ist zumindest vorerst vom Tisch. Der Verkaufsprozess werde ausgesetzt, teilte Thomas Cook mit. Es sei zu früh, darüber zu spekulieren, was nach dem Umbau damit passiere, sagt Cook-Chef Peter Fankhauser.

Kommt Lufthansa doch noch zum Zug?

Die Lufthansa, die schon vor 2007 an Thomas Cook beteiligt war, könnte laut Insidern aber später wieder ins Spiel kommen. Denn Fosun kann nur die Mehrheit an der Reisesparte übernehmen, die aus der börsennotierten Thomas Cook plc ausgegliedert werden soll. Am profitablen Ferienfluggeschäft sollen die Chinesen nur einen "signifikanten Minderheitsanteil" erhalten. Denn mit einem nicht-europäischen Mehrheitsaktionär würde der Fluggesellschaft der Verlust der begehrten Start- und Landerechte drohen. In der Flugsparte sind die Gläubiger in der Mehrheit. Sie dürften aber ihre Anteile in absehbarer Zeit zu Geld machen wollen. Condor allein fliegt im Jahr neun Millionen Touristen zu ihren Zielen.

Wegen der Eintrübung des Touristikmarktes in Europa hätte der Verkauf des Fluggeschäfts oder der Skandinavien-Sparte, den Thomas Cook geprüft hatte, nicht genug Geld eingebracht, um die Schulden zu tilgen und das Kerngeschäft zu retten. Ein Fosun-Sprecher verwies darauf, dass der Konzern schon beim Feriendorfbetreiber Club Med gezeigt habe, dass er Unternehmen sanieren könne. Fosun ist bereits seit 2015 mit 18 Prozent an Thomas Cook beteiligt und grösster Aktionär. Die vom Hongkonger Milliardär Guo Guangchang mitgegründete Gruppe zählt zu den grössten Konglomeraten in China und ist in Deutschland am Modekonzern Tom Tailor ebenso beteiligt wie an der Privatbank Hauck & Aufhäuser.

Das Angebot von Fosun sei das beste gewesen, das auf dem Tisch des Vorstands gelandet sei, sagt Fankhauser. "Das geht zwar auf Kosten der bisherigen Aktionäre, von denen uns viele seit Jahren unterstützt haben. Aber der Vorschlag ist eine pragmatische und verantwortliche Lösung, die uns die Mittel gibt, die Zukunft von Thomas Cook zu sichern", sagt der Schweizer. Das Unternehmen sitzt auf einem Schuldenberg von 1,6 Milliarden Pfund, den Grossteil davon in Anleihen. Die Banken seien bereit, auf einen Grossteil der Kredite zu verzichten. Im Gegenzug sollen sie Aktien erhalten.

Drei Milliarden Pfund pulverisiert

Thomas Cook hatte im ersten Halbjahr 1,5 Milliarden Pfund Verlust ausgewiesen, zum Grossteil wegen einer Abschreibung von 1,1 Milliarden Pfund auf die Tochter My Travel. Ende 2006 übernahm Karstadt Quelle die restlichen Anteile der Lufthansa. Durch die Übernahme der britischen My Travel wurde Thomas Cook 2007 an die Londoner Börse gebracht - damals mit einem Börsenwert von 3,2 Milliarden Pfund. Schon vor dem Kurssturz vom Freitag waren davon gerade noch 200 Millionen übrig.

Das 1841 vom Baptistenprediger Thomas Cook gegründete Unternehmen leidet wie andere Veranstalter unter dem Trend zu Individualreisen und den heissen Sommern. Das Sommergeschäft läuft schleppend. Die Reisebuchungen lägen 9 Prozent unter Vorjahr, die Flugbuchungen um 3 Prozent, teilt Thomas Cook mit. Das operative Ergebnis werde deshalb im zweiten Halbjahr noch schlechter ausfallen als im ersten. 2018 verbrachten elf Millionen Kunden ihre Ferien mit Thomas Cook.

(Reuters)