Auf den letzten Drücker hat der strauchelnde Immobilienkonzern Country Garden einen Zahlungsausfall vorerst abgewendet. Das chinesische Unternehmen einigte sich laut Insidern und einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Dokument mit seinen Gläubigern auf eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist für eine umgerechnet etwa 492 Millionen Euro schwere, eigentlich am Samstag fällige inländische Anleihe. Eine Mehrheit von gut 56 Prozent der Gläubiger stimmte demnach zu. Das positive Votum gibt Country Garden und der krisengeschüttelten chinesischen Immobilienbranche laut Analysten allerdings nur eine Verschnaufpause.

Country Garden kann die betreffenden Schulden nun in Abschlagszahlungen über drei Jahre zurückzahlen. Ursprünglich sollte die Entscheidung über die Verlängerung bereits am Donnerstag fallen, wurde aber in letzter Minute verschoben, um Gläubigern «ausreichend Zeit zur Vorbereitung» der Abstimmung zu geben, wie sich aus den Reuters vorliegenden Unterlagen ergab. Insidern zufolge hatten einige Bond-Eigner kurz vor der aktuellen Entscheidung Zinszahlungen erhalten.

«Auf dem chinesischen Markt ist dies gängige Praxis», sagte Gary Ng, leitender Analyst beim Vermögensverwalter Natixis. Viele andere Immobilien-Entwickler hätten mit ihren Gläubigern ähnliche Vereinbarungen geschlossen. Durch die Frist-Verlängerungen seien aber weder Country Garden noch die Branche insgesamt über den Berg. Dazu müssten sich die Eigenheimpreise erholen.

Wegen der schwächelnden Konjunktur fallen die chinesischen Immobilienpreise, während frische Kredite teurer werden. Prominentestes Beispiel für die Krise des Sektors ist China Evergrande, die mit umgerechnet 303 Milliarden Euro weltweit am höchsten verschuldete Immobilienfirma. Die Branche steht für ein Viertel der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik.

Country Garden äusserte sich zunächst nicht zu der jüngsten Entwicklung. Der Konzern sitzt auf einem umgerechnet 178 Milliarden Euro hohen Schuldenberg. Drei Viertel dieser Summe kommen einem Anwalt zufolge von ausländischen Geldgebern. Diese loteten bereits Optionen für eine mögliche Umschuldung aus. Allein in den kommenden zwölf Monaten werden Verbindlichkeiten im Volumen von fast 14 Milliarden Euro fällig. Dem stehen Barmittel von weniger als 13 Milliarden Euro gegenüber.

Wegen eines möglichen Zahlungsausfalls hatte Moody's die Bonitätsnote des Konzerns am Donnerstag um drei Stufen auf «Caa1» gesenkt. Gleichzeitig signalisierte die Ratingagentur mit einem negativen Ausblick mögliche weitere Herbstufungen.

Am Mittwoch hatte Country Garden einen Verlust von umgerechnet rund sechs Milliarden Euro bekannt gegeben und vor einem möglichen Zahlungsausfall gewarnt. Ein Zusammenbruch des Branchenprimus könnte die chinesische Immobilienkrise verschärfen und die Aussichten für eine Erholung der weltweit zweitgrössten Volkswirtschaft insgesamt eintrüben.

Aus diesem Grund haben einige Grossstädte eine Lockerung der Regeln zur Vergabe von Vorzugsdarlehen an Immobilienkäufer angekündigt. Die Experten der US-Bank Goldman Sachs schätzten es als sehr wahrscheinlich ein, dass weitere Kommunen dem Beispiel folgen. «Wird diese Massnahme flächendeckend umgesetzt, könnte es dem Immobilienmarkt moderate Wachstumsimpulse liefern.» Einige Banken senkten bereits ihre Zinsen für neue Hypotheken. In einigen Wochen sollen auch Sätze bestehender Kredite herabgesetzt werden. Ausserdem reduzierte die chinesische Zentralbank Zinssenkungen die Mindestquote bei Anzahlungen bei Immobilien-Erstkäufer. Insidern zufolge sind weitere Massnahmen geplant.

(Reuters)