cash.ch: Die Aktien von Cembra haben seit Jahresbeginn um 20 Prozent zugelegt. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe für diese positive Entwicklung?
Holger Laubenthal: Es wird anerkannt, dass wir in der Umsetzung unserer Strategie gut vorankommen. Ein Beispiel dafür ist die neue Banking-Plattform für das Leasinggeschäft, die wir eingeführt haben, sowie unsere Aktivitäten auf der kommerziellen Seite, wie etwa die stetige Weiterentwicklung der Cembra App. Die Automatisierung und Digitalisierung führen zu den Effizienzgewinnen, die wir uns vorgenommen haben, und die sich nun in den Zahlen widerspiegeln.
Kursentwicklung der Cembra-Aktien.
Geht es um Vertrauen?
Das ist sicherlich ein wichtiger Punkt. Wir konnten die Volatilität und die Herausforderungen im Markt gut meistern. So hat sich die Zinswende positiv auf unsere Ertragsseite und die Nettozinsmarge ausgewirkt. Und wir haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben.
Die Cembra-Aktien haben sich immer noch nicht vom Verlust der Migros-Partnerschaft erholt, obwohl in der Zwischenzeit bereits über 60 Prozent der Kunden auf das eigene Certo! Angebot umgestiegen sind. Wird der Absacker zukünftig kein Thema mehr sein?
Wir haben unsere Ziele im Kartengeschäft erreicht. Wir haben einen Grossteil des Portfolios und der Kundinnen und Kunden gehalten sowie die Profitabilität sichergestellt. Das Team hat hervorragende Arbeit geleistet, und darauf bin ich sehr stolz. Ich denke, dieses Thema ist inzwischen weitgehend erledigt. Wir richten unseren Blick nach vorne.
Schläft man ohne Klumpenrisiko auch besser?
Ich schlafe eigentlich immer ganz gut. Es ist klar, dass die Migros-Partnerschaft zuvor in gewisser Hinsicht ein Klumpenrisiko darstellte. Wir sind nun breiter aufgestellt.
Trotz Kursanstieg liegt die Dividendenrendite bei 5,2 Prozent. Analysten erwarten für das laufende Jahr im Durchschnitt eine Dividende von 4,22 Franken, nachdem 2023 eine Dividende von 4 Franken bezahlt wurde. Halten Sie diese Erwartung für realistisch?
Bezüglich der Dividende wird der Verwaltungsrat der Generalversammlung wie üblich auf Basis der Jahresergebnisse einen Vorschlag machen. Uns ist sehr bewusst, dass die Dividende für unsere Investorinnen und Investoren wichtig ist. Wir kommunizieren diesbezüglich auch offen und transparent. Seit unserem Börsengang verfolgen wir eine klare Dividendenpolitik und haben jährlich Dividenden ausgeschüttet.
Was ist der Kern der Cembra-Dividendenpolitik?
Wir planen, die Dividende mindestens auf dem Vorjahresniveau zu halten und sie im Einklang mit nachhaltigem Gewinnwachstum ansteigen zu lassen. Das ist unser klares Ziel. Dies widerspiegelt auch die Widerstandsfähigkeit unseres Geschäftsmodells und unsere starke Kapitalbasis. Daran orientieren wir uns und werden dies auch weiterhin tun.
Also kann man sagen, dass stabile oder steigende Dividendenausschüttungen Ihr Credo sind…
Das ist genau das, was wir stets kommunizieren, und woran wir uns messen lassen wollen.
Für das Gesamtjahr 2024 haben Sie bei der Präsentation der Halbjahreszahlen weiterhin einen Anstieg des Nettoertrags prognostiziert, der über dem Wachstum des Schweizer BIP liegt, zusammen mit einer weiter steigenden Nettozinsmarge und einem Kosten-Ertrags-Verhältnis von unter 49 Prozent. Sie gehen zudem von einem Anstieg des Reingewinns und einer Eigenkapitalrendite von 13 bis 14 Prozent aus. Die Verlustquote wird für 2024 auf rund 1 Prozent geschätzt. Sind diese Vorgaben weiterhin realistisch?
Ja, wir haben die Ziele für 2024 mit den Halbjahreszahlen bestätigt und halten weiterhin daran fest.
Werden Ihnen die sinkenden Leitzinsen hierbei zugutekommen?
Das ist eine gute Frage. Man muss beide Seiten der Bilanz betrachten, daher ist es schwierig, das pauschal zu beantworten. Wir legen grossen Wert darauf, dass wir in jedem Zinszyklus gut arbeiten können, und das haben wir auch gezeigt.
Spüren Sie bereits eine Verbesserung bei den Refinanzierungen?
Wir vergeben täglich Kredite, aber refinanzieren uns nicht jeden Tag. Das ist eine komplexe Dynamik. Wie ich bereits erwähnt habe, ist das Asset/Liability Management das A und O in der Bank, und wir betreiben es sehr sorgfältig.
Beim Halbjahresabschluss wurde das Kostenmanagement am Markt kritisiert. Welche Fortschritte haben Sie seitdem erzielt?
Wir haben im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr bereits eine spürbare Verbesserung auf der Kostenseite sowie im Kosten-Ertrags-Verhältnis erzielt. Bis zum Ende des strategischen Zyklus 2026 haben wir das Ziel, unter 39 Prozent zu kommen. Wir haben auch angekündigt, dass wir im zweiten Halbjahr 2024 eine weitere spürbare Verbesserung erreichen werden, sodass wir im Gesamtjahr unter 49 Prozent zu liegen kommen. Dies ist vor allem auf die konsequente Umsetzung unserer Projekte und Programme zurückzuführen.
Hoffen Sie auch, dass Künstliche Intelligenz Effizienzgewinne bringt?
Ja, selbstverständlich. Wenn man den Hype einmal aussen vor lässt, arbeiten wir schon seit Jahren mit KI. Letztendlich geht es bei KI um die Verarbeitung grosser Datenmengen, und Automatisierung von Lernprozessen, eben machine learning. In Bereichen wie Underwriting und Fraudmanagement setzen wir seit Jahren KI-ähnliche Methoden und Modelle ein. In diesen und anderen Bereichen des Risikomanagements sehen wir grosses Potential, aber zunehmend auch in anderen Bereichen. Allerdings möchte ich betonen, dass wir hier sehr pragmatisch vorgehen. Wir konzentrieren uns darauf, konkrete Anwendungen zu entwickeln und umzusetzen, bevor wir darüber sprechen. Das entspricht unserer Unternehmenskultur: Wir handeln zunächst und kommunizieren unsere Erfolge, wenn wir sie erreicht haben.
Sie bestätigten mit den Halbjahreszahlen auch die mittelfristigen Ziele bis 2026. Sie rechnen mit einer Eigenkapitalrendite von mindestens 15 Prozent ab 2025, einer Steigerung der Dividende ab 2024 auf Basis des Gewinnwachstums sowie einer Tier-1-Kapitalquote von über 17 Prozent. Das Kosten-Ertrags-Verhältnis soll bis 2026 unter 39 Prozent liegen. Was sind die Schlüsselelemente, um dieses Ziel zu erreichen?
Wir haben unsere Ziele mit konkreten strategischen Programmen untermauert. In erster Linie geht es darum, diese Programme weiterhin konsequent umzusetzen. Im ersten halben Jahr 2024 haben wir entsprechend unseren Prioritäten wichtige Fortschritte gemacht.
Können Sie Beispiele nennen?
Ein Beispiel ist die Erneuerung der Core-Banking-Plattform und die in diesem Zusammenhang lancierte Plattform für das Leasing-Geschäft. Ein weiteres wichtiges Projekt war unser neues digitales Sparangebot. Digitalisierung und Automatisierungsprogramme sind zentrale Themen. Auf der Ertragsseite haben wir mit unserer Cembra App sowie der Zusammenführung von Byjuno und Swissbilling im Bereich Payments wichtige Schritte unternommen. Im Januar haben wir eine neue Organisationsstruktur mit den Bereichen Lending und Payments vorgestellt, um unsere über zwei Millionen Kundinnen und Kunden noch umfassender bedienen zu können und ein breiteres Angebot in den Markt zu bringen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir eine klare Strategie und Programme haben, die wir konsequent umsetzen. Wir sehen langsam die Früchte unserer Arbeit, wie beispielsweise eine spürbare Verbesserung der Kostenertragsrate, die uns in Richtung unseres Ziels für 2026 bringt.
Also sind Sie auf gutem Weg?
Ja.
Ist Cembra für Anlegerinnen und Anleger letztlich auch eine Wette auf die Schweizer Wirtschaft?
Unser Hauptfokus liegt auf dem Schweizer Markt. Wir sind eine Schweizer Bank mit langjähriger Erfahrung in unserem Geschäft. Mit unserer grossen Kundenbasis haben wir eine starke Verbindung zur Schweizer Wirtschaft, was ich als sehr positiv betrachte. Diese Nähe wird auch von Investoren geschätzt. Denn die Schweizer Wirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten als äusserst stabil und krisenresistent erwiesen, und das spiegelt sich auch bei uns wider.
Wer jedoch auf starke Wachstumsfantasien setzt, ist bei Cembra an der falschen Adresse…
Wir haben uns klare Wachstumsziele gesetzt und verfolgen das Ziel, den Nettoertrag jährlich über dem Wachstum der Schweizer Wirtschaft zu steigern. Allerdings sind wir kein Unternehmen, das darauf abzielt, die Anzahl unserer Kundinnen und Kunden alle sechs, zwölf oder 18 Monate zu verdoppeln, um uns dann zu fragen, wie man damit Geld verdient. Wir möchten unser Geschäft bewusst solide weiterentwickeln und den Ertrag kontinuierlich steigern. Dies tun wir im Sinne unserer Rendite- und Kostenertragsziele und in einem Mass, das im Schweizer Markt sinnvoll und umsetzbar ist.
Sie planen, mit Ihrem neuen Geschäftsbereich CembraPay im Bereich des Kaufs auf Rechnung stark zu expandieren. Zeigt diese Wachstumsstrategie bereits Erfolge?
Wir haben in unserer Strategie kommuniziert, dass wir im Buy Now Pay Later-Geschäft bis 2026 einen Ergebnisbeitrag von 10 bis 20 Millionen erreichen wollen. Wir sind auf einem guten Weg dorthin. Im ersten Halbjahr konnten wir die Zusammenführung von Byjuno und Swissbilling abschliessen. Dadurch sind wir nun in einer starken Position mit über zwei Millionen Kundinnen und Kunden. Die Bündelung mit dem Kartengeschäft im Bereich Payments bietet uns die Möglichkeit, diese Kundenbasis noch umfassender zu bearbeiten.
Nun haben wir hauptsächlich über die Chancen gesprochen. Wir sollten auch die Risiken betrachten. Welche Entwicklungen könnten für das Geschäftsmodell kritisch sein?
Ein Thema, das uns besonders beschäftigt hat, ist die Zinswende. Obwohl diese schon seit einiger Zeit stattgefunden hat, wirkt sie sich mittelfristig immer noch aus. Wir haben hart daran gearbeitet und gezeigt, dass wir gut damit umgehen können. Im Kreditgeschäft achten wir besonders darauf, bewusst und selektiv zu wachsen. Dabei justieren wir kontinuierlich Preis, Volumen und Risiko, um sowohl eine verantwortungsvolle Kreditvergabe sicherzustellen als auch unsere Renditeziele zu erreichen.
Welche Wirtschaftsindikatoren stehen für Cembra im Fokus?
Langfristig betrachtet könnten Veränderungen in wesentlichen Wirtschaftsindikatoren wie der Arbeitslosenquote für uns besonders relevant sein. Steigende Arbeitslosigkeit könnte die Fähigkeit unserer Kundinnen und Kunden, Kredite zurückzuzahlen, beeinträchtigen. Das wollen wir selbstverständlich verhindern und behalten dies genau im Auge. Auch hier haben wir in der Vergangenheit bewiesen, dass wir solche Herausforderungen gut meistern können.
Holger Laubenthal, geboren 1972, ist seit März 2021 CEO von Cembra. Er hat einen MBA-Abschluss der Harvard Business School (2002) und ist Diplom-Ingenieur im Wirtschaftsingenieurwesen.
1 Kommentar
Es tönt alles sehr innovativ und modern, aber wann kommt nun endlich ebill für die Kreditkarten? Oder bietet man dies bewusst nicht an, damit man an den säumigen Zahlern verdienen kann?