Von 47 Milliarden Dollar auf praktisch Null: WeWork, noch vor knapp fünf Jahren das am höchsten bewertete Start-up der US-Geschichte, flüchtet sich in die Insolvenz. Der Bürovermieter will mit der Sanierung nach dem US-Insolvenzrecht («Chapter 11») unrentable Mietverträge loswerden oder neu verhandeln und drei Milliarden Dollar Schulden abbauen. Das 2010 gegründete Unternehmen dürfte damit künftig seinen bisherigen Kreditgebern gehören. 92 Prozent der besicherten Gläubiger hätten bereits zugestimmt, WeWork-Schulden in Eigenkapital zu tauschen, teilte das Unternehmen am Montagabend (Ortszeit) mit. Was dem mit 60 Prozent beteiligten Mehrheitsaktionär, dem japanischen Tech-Investor Softbank, danach noch bleibt, ist offen. Er hat bereits Milliarden in die Sanierung gesteckt.

Der Insolvenzantrag in New Jersey hatte sich bereits seit der vergangenen Woche abgezeichnet, ein weiterer in Kanada soll folgen. WeWork war unter seinem Gründer Adam Neumann angetreten, den Mietmarkt für Unternehmen zu revolutionieren. Doch der Trend zum Arbeiten von zuhause, der sich in der Corona-Pandemie noch verstärkt hatte, stellte das Geschäftsmodell in Frage. Schwarze Zahlen hat WeWork nie geschrieben. Immer mehr der kleinen Büros und Schreibtische, die das Unternehmen kurzfristig vor allem an Start-ups und kleine Unternehmen vermietete, blieben verwaist. Die Insolvenz gibt WeWork nun die Chance, selbst aus teuren Mietverträgen für leerstehende Flächen herauszukommen.

Kurz vor dem Insolvenzantrag meldete sich Firmengründer Adam Neumann noch einmal zu Wort: «Ich glaube, dass WeWork mit der richtigen Strategie und dem richtigen Team erfolgreich aus der Umstrukturierung herauskommen wird.» Neumanns exzentrisches Verhalten hatte Investoren verschreckt, ein für 2019 geplanter Börsengang platzte, obwohl sich der Gründer unter dem Druck der Anleger vom Chefposten zurückzog. Er hatte ohne Rücksicht auf Verluste auf Wachstum gesetzt. Innerhalb weniger Monate sank die Bewertung von 47 Milliarden auf zehn Milliarden Dollar. Als WeWork den Sprung an die New Yorker Börse vor zwei Jahren durch die Verschmelzung auf einen leeren Börsenmantel (SPAC) doch noch schaffte, wurde das Unternehmen noch mit acht Milliarden Dollar bewertet. Am letzten Handelstag vor der Pleite waren es noch 44 Millionen.

Home-Office-Trend machte Geschäftsmodell kaputt

Mit dem Insolvenzantrag kündigte WeWork an, die Mietzahlungen für weitgehend ungenutzte Gebäude einzustellen. Die betroffenen Kunden seien bereits darüber informiert worden. Die Mietkosten verschlangen zuletzt 74 Prozent des Umsatzes. Die Sparmassnahmen, die Neumanns Nachfolger Sandeep Mathrani einleitete, kamen zu spät. Pläne, die Kosten so weit zu senken, dass WeWork wenigstens kein Geld mehr verbrennen würde, waren an der Schwäche des Büroimmobilienmarktes gescheitert. Zu wenige Vermieter liessen sich auf Verhandlungen über Mietkürzungen ein. Das Geschäftsmodell von WeWork, Flächen langfristig anzumieten und für kurze Zeit weiterzuvermieten, geriet in Schieflage. Ende Juni war WeWork weltweit noch an 777 Standorten vertreten.

Seit einigen Monaten versucht der ehemalige Investmentbanker David Tolley die Firma zu sanieren. Er hatte im vergangenen Jahr den Satelliten-Betreiber Intelsat aus der Insolvenz geführt. «Es ist an der Zeit, unsere alten Mietverträge aggressiv anzugehen und unsere Bilanz dramatisch zu verbessern», sagte Tolley. Das Geld reiche, um das operative Geschäft fortzuführen.

SoftBank stellte sich hinter die Pläne. Der Insolvenzantrag und der Schuldenschnitt seien die richtigen Schritte. Ob auch der Grossaktionär noch einmal Geld ins Unternehmen stecken werde, liess er offen. «Softbank wird weiterhin im besten langfristigen Interesse seiner Aktionäre handeln.» Die Japaner hatten den Wert ihrer WeWork-Beteiligung bereits nach und nach abgeschrieben.

Ende Oktober war eine 30-Tage-Frist abgelaufen, innerhalb derer WeWork Schuldscheine hätte bedienen müssen. Das Unternehmen liess die Frist verstreichen - ein Hinweis auf die bevorstehende Insolvenz. Die Ratingagentur Fitch erklärte, das Geschäftsmodell sei grundsätzlich tragfähig, wenn es WeWork gelinge, eine höhere Auslastung zu erreichen und sich von schwachen Standorten zu trennen.

(Reuters)