Man warte bis zum letzten Moment zu, um zu sehen, ob auch Konkurrenzstandorte das so machen, teilte Finanzvorsteherin Karin Keller-Sutter in der Fragestunde des Nationalrats am Montag mit. Nur die aktuelle Regierung Polens führe die OECD-Mindeststeuer nicht ein, beantwortete Keller-Sutter eine entsprechende Nachfrage von Nationalrat Thomas Matter (SVP/ZH).

Da es sich um eine Direktive der EU handle, werde Letztere ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen einleiten. Irland und auch das Vereinigte Königreich führten die OECD-Mindeststeuer ein. Im Falle Irlands sei die Einführung Gegenstand der Budgetdebatte im irischen Parlament. Spanien werde die Mindeststeuer erst im Frühjahr einführen, sagte Keller-Sutter weiter.

Der Bundesrat werde bis zum Ende des Jahres 2024 über das Inkrafttreten der OECD-Mindeststeuer entscheiden. Mitte November empfahl die Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK-S) dem Bundesrat zu prüfen, ob die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer verschoben werden soll. Es zeichne sich ab, dass bis Anfang 2024 weniger Staaten als erwartet eine solche einführen dürften.

Grosse Mehrheit beim Volk im Juni

Ausserdem habe die OECD die Richtlinien seit der Volksabstimmung vom 18. Juni angepasst, teilte die WAK-S weiter mit. Dieser «veränderten Ausgangslage» sollte «im Interesse der Unternehmen in der Schweiz Rechnung getragen werden». Die Kommission empfahl dem Bundesrat deshalb, die Verschiebung der Inkraftsetzung der Mindestbesteuerung um vorerst ein Jahr zu prüfen.

Im weltweiten Kampf gegen Steueroasen hatten sich 140 Länder darauf geeinigt, grosse Konzerne global mit einem Mindestsatz von 15 Prozent zu besteuern. Volk und Stände gaben für eine entsprechende Verfassungsänderung am 18. Juni des laufenden Jahres mit einer grossen Mehrheit von 78,5 Prozent grünes Licht. Damit hätte die Steuer Anfang 2024 umgesetzt werden können. Die Arbeiten dafür laufen in allen Kantonen.

(AWP)