Faktoren wie Geopolitik und Dekarbonisierung könnten laut Bundesbankpräsident Joachim Nagel die Inflation im Euroraum in den kommenden Jahren hoch halten.

«Eine Reihe potenzieller Faktoren könnte in Zukunft zu einem höheren Inflationsdruck führen», so das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank am Dienstag auf einer Wirtschaftskonferenz. Demografische Trends könnten dabei ein «anhaltend höheres Lohnwachstum» bedingen.

Zwar seien weitere Untersuchungen erforderlich, doch rechnet Nagel nicht mit einer Rückkehr zu den niedrigen Inflationsraten wie vor der Pandemie.

Nachdem die Inflation in der Eurozone zwischen 2013 und 2019 im Durchschnitt nur die Hälfte des EZB-Ziels von 2 Prozent betragen hatte, stieg sie 2021 sprunghaft an und erreichte im darauffolgenden Jahr einen Rekordwert von 10,6 Prozent. Jetzt liegt sie wieder bei 2,4 Prozent, aber die Meinungen gehen auseinander, ob ein Über- oder Unterschiessen das grössere Risiko für die Zukunft ist.

«Müssen wir uns mit Blick auf die Zukunft auf eine Rückkehr zu einer Welt mit zu niedriger Inflation vorbereiten, wie wir sie im letzten Jahrzehnt gewohnt waren? Davon bin ich nicht überzeugt», sagte Nagel.

Das Zusammenspiel der strukturellen Triebkräfte könnte «zu einer Art Sweet Spot für die Geldpolitik führen — mit einer Inflation von etwa 2% und einem nicht zu hohen Zinsniveau, das sich in sicherer Entfernung von der effektiven Untergrenze befindet», sagte er.

Nagel warnte jedoch davor, dass im Falle eines mittelfristig wieder aufkommenden Preisdrucks Handlungsbedarf bestünde.

«Selbst eine vorübergehende Duldung höherer Inflationsraten birgt das Risiko, dass sich die Inflationserwartungen entkoppeln», sagte er. «Wir sollten nicht zulassen, dass dieses Risiko eintritt.»

(Bloomberg)