Bei der Abstimmung im südkoreanischen Parlament kam es am Samstag zu einem Boykott von Yoons Regierungspartei PPP: Fast alle PPP-Abgeordneten verliessen den Plenarsaal. Insgesamt wurden nur 195 Stimmen abgegeben, erst bei 200 wäre es überhaupt zu einer Auszählung gekommen. Vier Tage nach dem Eklat um das kurzzeitig von Yoon verhängte Kriegsrecht entschuldigte sich der Präsident vor der Abstimmung für sein Verhalten.

Forderungen nach einem Rücktritt wies er zurück. Die in der Opposition führende Demokratische Partei (DP) erklärte nach ihrer Niederlage im Parlament, sie werde nicht aufgeben, Yoon des Amtes entheben zu lassen.

Parlamentssprecher Woo Won Shik sagte, die gesamte Welt blicke derzeit auf das südkoreanische Abgeordnetenhaus. «Sehr bedauerlich, dass es nicht einmal ein Abstimmungsergebnis gegeben hat.» Bei der Debatte, die dem Votum vorausgegangen war, kam es zu vielen Zwischenrufen. Nur ein PPP-Abgeordneter blieb auf seinem Platz, während alle anderen Fraktionsmitglieder den Saal verliessen. Einige kehrten aber später zurück.

Die Opposition ist auf die Unterstützung von mindestens acht Abgeordneten der PPP angewiesen, um die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für das Amtsenthebungsverfahren zu erhalten. Vor ihrer Niederlage hatten die Oppositionsführer erklärt, sie würden den Antrag auf Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens am Mittwoch erneut aufgreifen, falls er beim ersten Mal scheitern sollte.

In einem ersten Anlauf hatte die DP am vergangenen Mittwoch im Parlament ein Amtsenthebungsverfahren angestossen, nachdem der Präsident am Dienstag das Kriegsrecht ausgerufen hatte. Yoon begründete sein Vorgehen mit dem Vorwurf, die Opposition sei Handlanger des kommunistischen Nordens. Sie habe den parlamentarischen Prozess in Geiselhaft genommen, um das Land in eine Krise zu stürzen. Nach massiven Protesten auch seiner eigenen Partei hob Yoon nach nur sechs Stunden das Kriegsrecht wieder auf.

«Es tut mir sehr leid und ich möchte mich aufrichtig bei den Menschen entschuldigen, die schockiert waren», sagte Yoon in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. «Ich überlasse es meiner Partei, Massnahmen zu ergreifen, um die politische Situation in Zukunft zu stabilisieren, einschliesslich der Frage meiner Amtszeit.» Yoon stand vor der südkoreanischen Flagge und verneigte sich nach seinen kurzen Ausführungen.

(Reuters)