Diese Aussage von Reto Gurtner (69), Chef der Weissen Arena Gruppe, sorgt für Stirnrunzeln: «In zehn Jahren kostet die Tageskarte 200 bis 300 Franken», sagte er kürzlich dem rätoromanischen Radio und Fernsehen RTR. Zur Einordnung: In Flims-Laax zahlten Wintersportler vergangene Saison im Schnitt 97 Franken für den Plausch im Schnee.

Gurtners Prognose würde eine Preissteigerung um 100 bis 200 Prozent bedeuten. Wie kommt der Bergkönig zu dieser Aussage? Und was bedeutet das für Inhaber einer Saisonkarte? Blick hat mit einem Tourismusexperten gesprochen und klärt die wichtigsten Fragen.

Warum werden Skigebiete so massiv teurer?

In den letzten zehn Jahren sind die Preise für eine Ski-Tageskarte durchschnittlich um 15 Prozent gestiegen. Insbesondere die dynamischen Preismodelle – das sogenannte Dynamic Pricing – der Skigebiete haben zur Preissteigerung beigetragen. Flims-Laax-Chef Gurtner begründet die höheren Preise mit der allgemeinen Inflation.

Jürg Stettler, Institutsleiter von Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern, sieht Gurtners Einschätzung zu Skitickets für bis zu 300 Franken nicht als realitätsfern an: «Der Trend geht mit grosser Wahrscheinlichkeit in diese Richtung», sagt er. Für ihn spielen aber noch weitere Faktoren für die steigenden Preise eine Rolle: Skigebiete hätten klimabedingt viel höhere Kosten als in der Vergangenheit. «Dazu gehören künstliche Beschneiungen, die nötig werden, weil wir immer wärmere Winter haben. Die Pistenpräparierung wird zunehmend teurer», weiss der Institutsleiter.

Werden auch Skiabos teurer?

Jein. «Die Preisentwicklung von Tageskarten ist mit 15 Prozent deutlich höher als jene von saisonalen Skiabos. Das wird auch in Zukunft so bleiben», prognostiziert Stettler. In den Skigebieten, die Teil des Magic Passes sind, sei der Saisonkartenpreis seit dessen Einführung sogar kurz rückläufig gewesen. Jetzt habe der Preis aber wieder zugenommen. Allerdings in einem viel geringeren Verhältnis als bei Tageskarten.

Wie schlimm steht es um das Skigebiet-Sterben in der Schweiz?

Der Klimawandel führt auch bei uns zu immer schneeärmeren Wintermonaten. In Höhenlagen unter 800 Metern hat sich die Anzahl der Schneetage gemäss Meteo Schweiz seit 1970 halbiert. Auch auf Höhenlagen über 2000 Metern ist ein Rückgang von etwa 20 Prozent zu verzeichnen. Für Skigebiete in tiefen Lagen ist das problematisch. Experten rechnen damit, dass Skigebiete zwischen 1000 und 1500 Metern über Meer in Zukunft nicht mehr rentabel sind und deshalb grösstenteils verschwinden könnten.

Aber: «Mit Einführung der dynamischen Preismodelle konnten viele Skigebiete ihre Situation verbessern», erklärt Stettler. Ausserdem seien Bergbahnen systemrelevant und wichtig für die Schweizer Volkswirtschaft, denn «die Schweiz hat eine Reputation als Skifahrnation». Zudem sei auch der Staat bereit, die fehlenden Erträge mithilfe von Subventionen oder zinslosen Darlehen auszugleichen. «Die Frage ist nur, wie lange und in welchem Ausmass das noch geschieht», meint Stettler, denn es gäbe weiterhin viele Skiorte, die mit der Situation hadern.

Führt das Skigebiet-Sterben zu einem noch stärkeren Preisanstieg?

Grundsätzlich ja. Die staatliche Intervention bremst gemäss Stettler aber die Auswirkungen der Effekte der Preissteigerungen: «Die Entwicklung geschieht weniger rasch, als es unter dem freien Markt der Fall wäre. Sie findet aber dennoch statt».

Sind Wintersportler und Wintersportlerinnen auch in Zukunft bereit, diese Preise zu zahlen?

Die Zahlungsbereitschaft sei noch da, schätzt der Tourismusexperte die Konsumentenstimmung im Land ein. Es wird laut Stettler aber nach und nach eine Teilung des Marktes geben. Nämlich in «die, die es sich leisten können und die, die leidenschaftlich Skifahren, oft auf der Piste sind und deshalb in eine Saisonkarte investieren, um Kosten zu sparen.»

Stettler vergleicht die zukünftige Schweizer Skifahrkultur mit der in den USA. Das Phänomen, dass jeder Schweizer und jede Schweizerin im Winter die Pisten unsicher macht, gehört laut ihm zunehmend der Vergangenheit an. Zwar würden immer noch über 30 Prozent der Schweizer regelmässig Skifahren, was noch nicht mit den vier bis sieben Prozent in den USA gleichzusetzen ist. Trotzdem wird Skifahren auch hier immer mehr zum Premiumprodukt.

Wird Skifahren also zum Elitesport?

Stettler findet den Begriff «Elite» zwar unpassend. Dennoch ist er der Ansicht: «Die Devise ‹Alles fährt Ski› wird es in der Schweiz nicht mehr geben. Skifahren können in Zukunft nur noch Wohlhabende oder Ski-Enthusiasten.» Der Rest werde es sich dann nicht mehr leisten können.

Dieser Artikel ist zuerst im «Blick» unter dem Titel «Ist Skifahren in der Schweiz bald nur noch für Reiche?» erschienen.