Das Land sei auf einem einfachen und dennoch umfassenden Prinzip gegründet worden, schrieb Biden in einem am Montag veröffentlichten Gastbeitrag in der «Washington Post»: «Niemand steht über dem Gesetz. Nicht der Präsident der Vereinigten Staaten, Kein Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Niemand.» Biden hält noch am Montag eine Rede in Texas, wo er sich zu dem Thema äussern dürfte.

Die USA seien das einzige demokratische Land, in dem die Amtszeit der Verfassungsrichter nicht begrenzt sei. Werde das geändert, sinke die Gefahr, dass die Zusammensetzung des obersten Richtergremiums während der Amtszeit eines Präsidenten für die folgenden Jahrzehnte grundlegend geändert werde, schrieb Biden. Zudem machte er sich für einen verbindlichen Ethik-Kodex stark, an den sich die Richter halten müssten. «Die derzeitige freiwillige Selbstverpflichtung ist schwach», schrieb er. Jeder andere Bundesrichter sei an einen Kodex gebunden, «und es gibt keinen Grund, warum der Oberste Gerichtshof ausgenommen sei.»

Zusätzlich schlug Biden einen Verfassungszusatz vor, der deutlich mache, dass Präsidenten nach ihrer Amtszeit nicht vor Strafverfolgung geschützt seien, wenn es um Strafzeiten gehe, die sie im Amt begangen hätten. «Ich teile die Ansicht unserer Gründerväter, dass die Macht des Präsidenten begrenzt ist, nicht absolut», schrieb Biden. «Wir sind eine Nation der Gesetze - nicht von Königen oder Diktatoren.»

Biden hatte bereits vergangene Woche angekündigt, dass er sich für eine Reform des Obersten Gerichtshofs einsetzen will. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass der tief gespaltene Kongress einer möglichen Gesetzesänderung zustimmt und die Macht der Richter begrenzt. Für einen Verfassungszusatz ist zudem eine Zweidrittelmehrheit nötig, was derzeit als ausgeschlossen gilt.

Der Oberste Gerichtshof hatte mehrere Vorstösse Bidens etwa bei den Themen Einwanderung, Studentenkrediten oder den Kampf gegen den Klimawandel blockiert. Dazu kommt eine Entscheidung von Anfang Juli, dass Ex-Präsident Donald Trump nicht für Handlungen belangt werden kann, die innerhalb seiner verfassungsmässigen Befugnisse als Präsident liegen. Für private Handlungen könne er jedoch zur Rechenschaft gezogen werden. Das Urteil wird als Sieg für Trump gewertet. Trump hatte in seiner Amtszeit als Präsident bei der Neubesetzung von Richterposten für eine konservative Mehrheit beim Oberste Gerichtshof gesorgt.

(Reuters)