Bern und Brüssel sprechen in Bezug auf die laufenden Verhandlungen von «substanziellen Fortschritten». Aufgrund dieser soll den Forschenden in der Schweiz der Zugang zu Teilen des EU-Forschungsprogramms Horizon Europe für das Jahr 2025 ermöglicht werden. Beim Thema der Personenfreizügigkeit sind die Diskussionen schwieriger.

Aussenminister Ignazio Cassis und der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maro¨ ¦efcovic, telefonierten am Mittwoch gemeinsam, wie sowohl das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und ein Sprecher der EU-Kommission am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilten. Sie sprachen über die laufenden Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU).

Insbesondere in den Bereichen der institutionellen Fragen, der staatlichen Beihilfen und in Bezug auf eine Übergangslösung für Horizon Europe gab es signifikante Fortschritte, wie ¦efcovic am Donnerstagmorgen auf X schrieb. Es gelte nun dieses Momentum für die Gespräche im Bereich der Personenfreizügigkeit zu nutzen.

Bei diesem Thema seien die Gespräche «hart, aber lösungsorientiert», sagte der Sprecher des EDA. Sie müssten intensiv weitergeführt werden.

Zugang für Schweizer Forschende an EU-Programm

Cassis' Departement schrieb weiter, dass aufgrund der positiven Dynamik die EU-Kommission beabsichtige, drei Ausschreibungen 2025 des Europäischen Forschungsrates (ERC) für Forschende in der Schweiz zu öffnen. Die Ausschreibungen sind Teil des EU-Forschungsprogramms Horizon Europe.

Es handle sich dabei um den ERC Starting Grant 2025, den ERC Synergy Grant 2025 und den ERC Consolidator Grant 2025. Laut dem EDA haben damit Forschende in der Schweiz Zugang zu den 2025er-Ausschreibungen des ERC, die noch dieses Jahr öffnen.

Die Erweiterung der Teilnahme von Schweizer Forschenden sei ein «klares Zeichen für einen guten Willen» der EU-Kommission im Verhandlungsprozess zwischen der EU und der Schweiz, teilte der ERC, der bei der Europäischen Kommission angesiedelt ist, mit. Der Entscheid gehe über das hinaus, wozu sich die Kommission in der gemeinsamen Verständigung verpflichtet habe.

Die Frist für die Bewerbung auf die Ausschreibungen laufe bis am 29. August 2024. Die Vereinbarungen über allfällige Zuschüsse könnten aber nur dann unterzeichnet werden, wenn das Assoziierungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU zu diesem Zeitpunkt gelte, schrieb der ERC weiter.

Positive Reaktionen

Forschungs- und Bildungsminister Guy Parmelin reagierte auf X: «Es ist ein wichtiger Schritt für Wissenschaft, Forschung und Innovation in der Schweiz und Europa.» Der Bundesrat strebe weiterhin eine volle Assoziierung zu Horizon Europe an, wie auch andere Nicht-EU-Staaten dieses erhalten hätten.

Sowohl die Konferenz der Kantonsregierungen (KDK) wie auch der Wirtschaftsverband Economiesuisse begrüssten die jüngsten Entwicklungen auf X.

Die Diskussion um die Schweizer Teilnahme bei Horizon Europe hat eine längere Vorgeschichte. Nach dem Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU im Frühling 2021 stufte Brüssel die Schweiz zunächst als nichtassoziiertes Drittland ein.

Erst seit dem Mai des laufenden Jahres können sich Forschende in der Schweiz wieder auf gewisse ERC Zuschüsse des EU-Forschungsporgramms Horizon Europe bewerben. Konkret wird die Schweiz mit der Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen dem Bundesrat und der EU-Kommission im März 2024 für die ERC Advanced Grants wieder wie ein assoziiertes Drittland behandelt.

Treffen abgesagt

Die Ankündigungen von Cassis und ¦efcovic deuten auch auf eine atmosphärische Veränderung bei den Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel hin. Noch im Juni war ein geplanter Besuch des EU-Vizekommissionspräsidenten in der Schweiz verschoben worden.

Seit Beginn der Verhandlungen am 18. März 2024 hätten insgesamt mehr als 80 Verhandlungssitzungen stattgefunden, hiess es aus dem EDA. Sowohl das EDA wie auch die EU-Kommission bekräftigten ihre Absicht, die Verhandlungen bis Ende Jahr abzuschliessen.

(AWP)