«Das wäre ein riesiger Fehler. Denn es würde signalisieren, dass in der US-Wirtschaft etwas grundlegend kaputt ist und dass die Notenbanker etwas sehen, das die Funktion der Märkte gefährden und so eine grosse Intervention rechtfertigen würde», sagte der Allianz-Berater dem «Handelsblatt» vom Freitag. Dies allein könne schon eine Kreditklemme auslösen. Es sei eigentlich undenkbar, dass Investoren versuchten, die Fed zu einer Notintervention zu zwingen: «Es ist nichts passiert, was das rechtfertigen würde.»
Anfang des Monats hatte die Finanzmärkte die Furcht vor einer Rezession in den USA gepackt. El-Erian verwies darauf, dass die Daten vom US-Arbeitsmarkt zwar schwächer als erwartet ausgefallen seien und damit zu der Panik beigetragen hätten. «Wie die Turbulenzen entstanden sind, das hat mich allerdings schon überrascht», sagte der Kapitalmarkt-Experte. Viele Marktbeobachter seien noch am Tag der Fed-Entscheidung Ende Juli einverstanden damit gewesen, dass die Zinsen konstant gehalten wurden: «Zwei Tage später fordern sie dann plötzlich Notfall-Zinssenkungen zwischen zwei regulären Sitzungen – das habe ich noch nie erlebt. Es ist wirklich schockierend, wie wankelmütig die Wall Street ist», sagte El-Erian.
Zinsexperte Christian Reicherter von der DZ Bank hält die Befürchtungen eines raschen Abgleitens der US-Wirtschaft in eine Rezession für etwas übertrieben. «Ein sich abkühlender Arbeitsmarkt und ein perspektivisch nachlassender Inflationsdruck dürften die US-Währungshüter aber durchaus zu einer früheren ersten Lockerung der Zinszügel bewegen als von uns bislang angenommen», glaubt er. «Eine Notfallzinssenkung, wie am Markt spekuliert wird, schliessen wir allerdings aus.» Eine Zinslockerung im September sei aber wahrscheinlicher geworden.
Regulär steht am 18. September der nächste Fed-Zinsentscheid an. Laut Notenbank-Chef Jerome Powell liegt für das Treffen eine Senkung «auf dem Tisch», sollte die Datenlage es hergeben. Dann könnte der Leitzins, der zuletzt in der Spanne von 5,25 Prozent bis 5,50 Prozent gehalten wurde, gesenkt werden. Manche Marktteilnehmer halten sogar einen XL-Zinsschritt nach unten von einem halben Prozentpunkt für möglich.
Der anstehende Zinsentscheid fällt mitten in die heisse Phase des US-Präsidentschaftswahlkampfs. Die Fed ist darin Thema geworden. So sprach sich der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump am Donnerstag dafür aus, die Unabhängigkeit der Fed einzuschränken. «Ich denke, der Präsident sollte zumindest ein Mitspracherecht haben», forderte er. Das war der bislang deutlichste Hinweis auf Trumps Interesse, in die Unabhängigkeit der Fed einzugreifen, sollte er ins Weisse Haus zurückkehren.
(Reuters)