In Zeiten hochschnellender Zinsen Banken im Portfolio zu halten, ist an den Finanzmärkten Standard, bedeuten diese tendenziell doch höhere Zinserträge und somit Schub für die Gewinne der Institute. Einen Strich durch diese Rechnung machte nun jedoch der Umstand, dass steigende Zinsen am Geldmarkt viele Sparer veranlassen, sich anderweitig bessere Angebote zu suchen.

Um die Lücken aus dem Mittelabfluss auszugleichen, sind viele Banken gezwungen, Anleihebestände abzustossen, deren Wert mit dem Zinsanstieg gesunken ist. Die Folge sind Verluste und die Befürchtung, dass der Verkaufsdruck am Markt für festverzinsliche Anleihen weiter zunehmen könnte.

An der Wall Street erlitten Banktitel am Donnerstag die schwersten Verluste seit Juni 2020. Die Titel der Silicon Valley Bank fielen um 60 Prozent, da das Institut aus dem kalifonischen Menlo Park eine milliardenschwere Kapitalerhöhung zur Abfederung von Einbussen im Portfolio benötigt. Erheblich abwärts ging es jedoch auch im breiten Sektor, bei kleineren Akteuren ebenso wie bei Branchenriesen wie JP Morgan Chase, deren Aktie 5,4 Prozent im Minus schloss.

In Frankfurt fiel die Aktie der Deutsche Bank AG am Freitag um 7 Prozent, für die Commerzbank AG ging es im Xetra-Handel 6 Prozent bergab und für die Titel der Credit Suisse Group AG in Zürich 4,6 Prozent. Auch die Renditespreads von Bankbonds weiteten sich aus.

“Die heutige Nachricht zeigt ein Risiko auf, das die meisten Anleger offenbar nicht auf dem Schirm hatten”, sagte Adam Phillips, Managing Director im Bereich Portfoliostrategie bei EP Wealth Advisors, am Donnerstag. “Dies mag ein Einzelfall sein. Die Sorge ist aber, dass andere Banken nun ähnliche Probleme melden könnten.”

Der Ausverkauf bei den Finanztiteln spiegelt die tektonischen Kräfte wider, die seit Monaten in der Wirtschaft am Werk sind. Letztlich kam er allerdings doch plötzlich und erwischte die Anleger auf dem falschen Fuss. Noch letzte Woche lagen die US-Bankwerte im Jahresvergleich im Plus, wobei schon die Nachricht die Runde machte, dass die Unternehmenseinlagen im Jahr 2022 zum ersten Mal seit 1948 zurückgegangen sind.

Plötzliche Ausverkäufe gelten an der Börse bei Banken als besonders bedenklich. Aufgrund ihrer Rolle als Kapitalgeber wird bei ihnen oft davon ausgegangen, dass sie Signale für den breiteren Markt liefern. Das Drama dieser Woche dürfte Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die vor einer Rezession warnen, und für solche, die den Anstieg des S&P 500 seit November für eine Bärenmarktrally halten, die nun vor dem Aus steht.

“Ich glaube nicht, dass dies ein Frühwarnzeichen ist, doch ich habe das Gefühl, dass der Markt das so sieht”, konstatiert Art Hogan, Chef-Marktstratege bei B. Riley Wealth.

Die Analystenprognosen zeugen bislang von Optimismus, dass die Banken ihre Zinserträge steigern können. Bei den Firmen im S&P 500 Financials Index liegt die mittlere Erwartung für 2023 bei einem Anstieg um 9,4 Prozent, womit für den Sektor im Branchenvergleich die zweitbeste Performance erwartet wird. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis bei den US-Bankwerten liegt auf dem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten.

Diese Zuversicht wird nun auf die Probe gestellt, so Michael O’Rourke, Chefmarktstratege bei JonesTrading. Bislang wurde “konsequent die Realität ignoriert, dass das höhere Zinsumfeld den Unternehmen in Zukunft Gegenwind bescheren wird”, sagte er. “Aus meiner Sicht unterstreicht dies, dass steigende Zinsen eben doch eine Rolle spielen.”

(Bloomberg)