Die Aktien der Pharmazulieferer Bachem, Dottikon, Lonza und Siegfried haben in den letzten zwölf Jahren so stark abgeschnitten wie nur wenige andere Titel am Schweizer Markt. Seit Anfang 2012 legten Lonza um 950 Prozent, Bachem um 1063 Prozent, Siegfried um 1148 Prozent und Dottikon um 1156 Prozent zu.
Im gleichen Zeitraum zog der Gesamtmarkt gemessen am Swiss Performance Index (SPI) lediglich um 198 Prozent an. Speziell aber verzeichneten nur zwei andere Aktien einen grösseren Zuwachs als die vier Pharmazulieferer: Der Lagerlogistikspezialist Kardex mit einem Plus von 2088 Prozent und das Technologieunternehmen Comet mit einem Kursanstieg von 1977 Prozent.
Bachem, Dottikon und Lonza erreichten bereits in der zweiten Jahreshälfte 2021 Allzeithochs - Bachem bei 147 Franken, Dottikon bei 336 Franken und Lonza bei 775 Franken. Es war die akute Phase der Coronapandemie, die Produkte der Pharmazulieferer waren heiss begehrt. Der Auftrag von Moderna an Lonza zum Beispiel brachte in der Spitze eine halbe Milliarde Franken Umsatz pro Jahr. Ebenso floss eine Menge Kursphantasie in die Titel. Inzwischen haben die drei Aktien ihre Höchststände verlassen und nicht mehr erreicht.
Gründe dürften auch in den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie liegen. Nicht nur ist das Covid-Impfstoffgeschäft geschrumpft. Auch hat eine Umgestaltung der Wertschöpfung stattgefunden. Die Lieferketten sensibler Güter wurden mit Bezugspunkten in Europa und den USA regional breiter aufgestellt - im Interesse der Versorgungssicherheit zwar, aber zu höheren Kosten, wie es beispielsweise in einem Dottikon-Geschäftsbericht heisst.
Anders als den Valoren von Bachem, Dottikon und Lonza ging es den Aktien von Siegfried: Sie kletterten zwar im zweiten Pandemiejahr ebenfalls auf ein - aus damalige Sicht absolutes - Hoch. Der entsprechende Wert von 917 Franken wurde mittlerweile allerdings übertroffen. Die Aktien erreichten am Montag beim Kurs von 1130 Franken das neue Allzeithoch.
Kursverlauf des Pharmazulieferers Siegfried.
Rückenwind gibt den Siegfried-Valoren die aktuelle Einschätzung der Grossbank UBS. Die zuständige Analystin belässt die Einstufung auf «Buy» und erhöht das Kursziel auf 1309 von 1011 Franken. Dieses neue Preisziel bedeutet ein Aufwärtspotenzial von 16 Prozent gegenüber dem am Montag erreichten Allzeithoch. Insofern haben Optimisten noch keinen Anlass zu Gewinnmitnahmen. Konservativ ausgerichtete Anleger blicken hingegen eher auf einen Kursgewinn von 78 Prozent seit letztem Oktober.
Die UBS-Analystin geht in ihrer Studie auf den neuen CEO Marcel Imwinkelried ein. Er hat seinen Posten Anfang September angetreten. Unter ihm werde das profitable Wachstum anhalten, schreibt die Expertin. So würden ab 2026 in Spanien signifikante Volumen dazukommen. Nicht gerechtfertigt sei mit Blick auf die Wachstumsperspektiven, dass die Titel noch immer mit einem Abschlag von 18 Prozent zur Vergleichsgruppe gehandelt würden.
An der Börse positiv aufgenommen wurde auch der Halbjahresbericht. Die Aktie sprang am Tag der Kommunikation von 1004 auf 1078 Franken - ein Plus von über sieben Prozent. Neben höherem Umsatz und Gewinn hatte das Management den Ausblick für das Gesamtjahr bestätigt. Erwartet werden ein Umsatzwachstum im tiefen einstelligen Prozentbereich sowie eine Kern-EBITDA-Marge auf oder über dem Niveau von 2023.
Ein nächster Fixpunkt ist der Kapitalmarkttag im Oktober. Analysten und Investoren erhoffen sich Ausführungen des neuen CEO zur Unternehmensstrategie. Eher mit einer Evolution als mit einer Revolution rechnet der Experte des amerikanischen Vermögensverwalters Bernstein. Dies ist durchaus wohlwollend gemeint. Denn der Pharmazulieferer äussere sich, wie der Analyst anmerkt, stets solide.
Bachem laut Bloomberg überverkauft
Seit Anfang März schwanken die Bachem-Papiere zwischen 75 und 92 Franken. Der jüngste grössere Abstieg begann Ende August und führte von rund 84 auf unter 76 Franken. Letzte Woche unterschritt die Kurslinie zudem das untere Bollinger-Band - ein charttechnisches Signal, dass die Aktie überverkauft ist. So berichtete es der Finanznachrichtendienstleister Bloomberg.
Die Aktie habe in den letzten zwölf Monaten jenes Niveau mehrfach unterschritten und sei jeweils in den darauf folgenden 20 Tagen um durchschnittlich 6,1 Prozent gestiegen, hiess es weiter. Folglich hat Bachem vom aktuellen Stand aus betrachtet ein gewisses Aufwärtspotenzial. Gemäss Analysten beträgt es rund zehn Prozent. Sie sehen die Aktie von gegenwärtig rund 76,50 Franken auf etwas über 84 Franken steigen. Jedoch gibt es mehr Verkaufs- als Kaufempfehlungen. Es scheint also, dass das Preisziel nicht von positiven Ratings unterstützt wird.
Lonza bestätigte Ende Juli den Gesamtjahresausblick: Man rechne mit einem flachen Umsatzwachstum und einer Kern-EBITDA-Marge in den hohen Zwanzigern. Das Management zeigte sich überzeugt, die entfallenen Umsätze des Impfstoffherstellers Moderna wettmachen zu können. Zudem wurde die mittelfristige Prognose für 2024 bis 2028 bestätigt. Ende August folgte ein Echo: Die zuständige Analystin des Brokers Octativan bewertete die langfristigen Wachstumsaussichten mit einem prognostizierten Umsatzwachstum von rund 4 Prozent pro Jahr bis 2028 als robust. Sie spricht - wie das Gros ihrer Berufskollegen - eine Kaufempfehlung aus und veranschlagt das Kursziel mit 625 Franken. Entsprechend ist eine Kurssteigerung um rund 15 Prozent gegenüber der aktuellen Notierung vorstellbar.
Dottikon hat im Jahresverlauf zwar rund 6 Prozent zugelegt, seit Ende Mai ging es insgesamt aber bergab - von 267 Franken auf aktuell 248 Franken. Folgt man der Aussage von CEO Markus Blocher im jüngsten cash-Interview, muss man ein tieferes Luftholen des Aargauer Pharmazulieferers vermuten. «Für mich kommt derzeit die Effektivität vor Effizienz», sagte Blocher.
Primär wolle er seine Mitarbeiter gut ausbilden lassen, sie sollten die Prozesse «richtig umsetzen können. An der letztlich Profitabilität bringenden Effizienz will Blocher in einem nächsten Schritt arbeiten. Hoffen lassen weiter Investitionen von 700 Millionen Franken in Produktionsanlagen.
Als das Unternehmen Ende Mai über den Geschäftsgang berichtete, waren 400 Millionen Franken bereits investiert. 300 Millionen sollten in den kommenden Jahren folgen. Für Anleger bleibt selbst bei einer flotten Kursentwicklung Wermutstropfen: Dottikon zahlt seit Jahren keine Dividende mehr. Und die Anzahl frei handelbarer Aktien bleibt aufgrund der Mehrheitsbesitzverhältnisse tief.
1 Kommentar
Siegfried und andere Auftragshersteller können durch eine schlankere Struktur, weniger Zusatzleistungen und weniger "Politik" eine bessere Kostenstruktur erreichen als die Pharmagiganten.
Ich vermute, dass diese Auftragsfertiger weiter organisch im 1-stelligen Prozentbereich wachsen.