Es ist ein Markt, gemacht für Langfristanleger und Liebhaber bestimmter Einzelwerte. Er ist frei von Spekulanten und aggressiven Daytradern, die für starke Ausschläge im Aktienkurs sorgen können. Zudem ist er im Vergleich zum eigentlichen Börsenhandel viel weniger den Launen der globalen Konjunktur ausgesetzt. Ein Trump-Tweet oder Wachstumsprobleme in China lösen keine Korrektur aus.
In etwa so kann man die Vorzüge des ausserbörslichen Handels umschreiben. Doch natürlich sollen auch die Nachteile nicht unerwähnt bleiben: Die Titel dieses Segments werden nur selten gehandelt, was die Preisfindung erschwert. Und die Offenlegungspflichten sind um einiges limitierter als bei kotierten Werten. Der Anleger hat kommt so nur schwer an Informationen.
Zudem werden diese Titel nur über spezielle ausserbörsliche Handelsplattformen gehandelt. Dies ist in der Regel - im Vergleich zum üblichen Aktienhandel - mit höheren Gebühren verbunden.
Entwicklung nichtkotierte Aktien (BEKB-Liquidity Index, rot) und Swiss Performance Index (grün) in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch
Dass der nichtkotierte Handel weniger ausschlägt beweist auch die Kursentwicklung des BEKB-Liquidity-Index mit den etwa 50 meistgehandelten Titel an der OTC-Plattform der Berner Kantonalbank im Vergleich zum Swiss Performance Index (SPI). In den letzten 12 Monaten allerdings sind die ausserbörslichen Aktien im Nachteil gewesen (siehe Grafik oben). Allein in diesem Jahr kann der SPI 16 Prozent zulegen, der BEKB-Liquidity-Index nur 2 Prozent.
Ausserbörse ist defensiv
Umgekehrt punkten aber die nichtkotierten Werte, wenn es an der Börse stürmisch wird, so wie etwa in den letzten Wochen oder auch Ende 2018. "Der ausserbörsliche Markt ist viel defensiver als der SPI", sagt dazu Thomas Brunner, der bei Lienhardt & Partner Privatbank für den ausserbörslichen Handel verantwortlich ist. Derzeit würde unter den Einzelwerten die Acrevis Bank grosse Umsätze aufweisen, im letzten Jahr sei es Weleda gewesen.
Aber weder die Regionalbank Acrevis aus St. Gallen noch der Naturkosmetiker Weleda aus Arlesheim (beide +1 Prozent seit Jahresbeginn) können mit den besten ausserbörslichen Titeln mithalten. Den Ton geben dieses Jahr andere an, wie die Performancetabelle für das Jahr 2019 zeigt:
Performance der ausserbörslich gehandelten Aktien
Top 8 | Flop 8 | ||
Titel | Performance seit 1.1.19 | Titel | Performance seit 1.1.19 |
Espace Real Estate | +13% | Schweizer Zucker | -19% |
Brauerei Falken | +10% | Cendres+Métaux | -13% |
Conzzeta B | +8% | Zürcher Oberland Medien | -11% |
Stadtcasino Baden | +8% | Brauerei Schützengarten | -9% |
EW Jona-Rapperswil | +7% | SGV | -6% |
SIA-Haus | +7% | Toggenburg Bergbahnen | -5% |
Welinvest | +6% | Schilthornbahn | -5% |
Gotthard Raststätte | +6% | Menzi Muck | -5% |
Quelle: cash.ch, Stand 15.05.2019
Obenaus schwingt mit plus 13 Prozent seit Jahresbeginn das Bieler Immobilienunternehmen Espace Real Estate. Die Firma - die sehr transparent informiert - konnte 2018 den Reingewinn um 9 Prozent steigern. Rund ein Drittel des Portfolios besteht aus Wohnimmobilien, dieser Anteil soll künftig erhöht werden - dank derzeit noch hohen Baulandreserven. Grösster Aktionär ist mit rund 31 Prozent der Aktien die Artemis Real Estate AG von Michael Pieper.
Ein Negativbeispiel in Sachen Transparenz ist hingegen das SIA-Haus (+7 Prozent), welches ebenfalls unter den Top 8 in diesem Jahr auftaucht. "Wenn man nicht als Aktionär eingetragen ist, hat man nur sehr wenige Informationen zur Firma", so Brunner von Lienhardt.
Das SIA-Haus ist der Immobilienarm des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Die Firma besitzt nur eine Immobilie, ein Hochhaus inklusive Tiefgarage in der Nähe des Bahnhofs Selnau in Zürich. Dank der guten Lage generiert dieses Gebäude zuverlässige Einnahmen. Eingemietet ist dort etwa ein asiatisches Restaurant und die französische Grossbank BNP Paribas. Die Dividende beträgt 160 Franken pro Aktie, was eine solide Rendite von aktuell 3,1 Prozent ergibt. Die nächste Ausschüttung ist für den 14. Juni 2019 vorgesehen.
Conzzeta fährt zweigleisig - Streit im Toggenburg
Gut im Rennen ist 2019 auch die Brauerei Falken, die sich in einem stagnierenden Biermarkt gut behauptet und vergangenes Jahr den Gewinn leicht steigern konnte. Die Generalversammlungen des seit 1799 existierenden Bierproduzenten sind in Schaffhausen legendär (ein Einblick in eine Falken-GV gibt es im Video hier). Deutlich im Plus sind darüber hinaus Conzzeta B (+8 Prozent) - der Mischkonzern Conzzeta verfügt auch über eine kotierte Aktie -, das Stadtcasino Baden (+8 Prozent) und das Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil (+7 Prozent).
Negativ hingegen die Performance der Toggenburg Bergbahnen (TBB, Aktie -5 Prozent), die in einen lokalen Bergbahnen-Streit verwickelt sind. Unter der Führung der TBB vollzogen einige regionale Bergbahnen den Ausstieg aus einem Tarifverbund, der 48 Schneesportgebiete vereint. Das wiederum missfiel der ebenfalls toggenburgischen Bergbahnen Wildhaus AG, die ihren Unmut in einem aussergewöhnlichen Communiqué äusserte.
Ein Auszug: "Die TBB AG setzt damit ihre 'Strategie des Nicht-Kooperierens' konsequent fort und kehrt damit nicht nur der Region, sondern der gesamten touristischen Ostschweiz den Rücken zu". In diesem Zwist dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.