Wer den Begriff "erneuerbare Energie" hört, denkt zunächst wohl nicht an stabile Investments mit garantierter Dividendenausschüttung. In der Schweiz fällt etwa die Aktie des Solarzulieferers Meyer Burger immer wieder durch starke Kursausschläge auf. So sackte der Titel Ende März nach Bekanntgabe der Jahreszahlen 2017 um rund 30 Prozent ab. An eine Dividendenausschüttung ist nicht zu denken, die Firma schreibt rote Zahlen.
Doch seit einigen Jahren mehren sich die sogenannten "Yieldcos", die einen gut planbaren, stabilen Kapitalfluss erzeugen und den Aktionären eine hohe Gewinnausschüttung bescheren. Der Begriff stammt aus dem Englischen und besteht aus den Wörtern "Yield" (Ertrag) und "Company" (Firma).
Bekannt sind Yieldcos inbesondere in Amerika. Dort investieren Unternehmen in zahlreiche Projekte der erneuerbaren Energien, etwa in Solaranlagen oder Windparks. Anleger können sich in Form von Aktien an diesen Firmen beteiligen, da sie in der Regel börsenkotiert sind. Yieldcos tragen keine Entwicklungsrisiken, denn diese erwerben bereits fixfertige und produzierende Anlagen. Häufig sind die Einnahmen auch staatlich garantiert. Das reduziert das Risiko der Anleger enorm.
In vielen Fällen sind Yieldcos Abspaltungen von grossen Versorgern, die ihre Anlagen auslagern. So können Yieldcos effizient gemanagt werden, ohne dass Kosten für die Entwicklung neuer Projekte anfallen. Es werden Schulden aufgenommen, um bereits bestehende Anlagen zu erwerben und um den Cashflow zu erhöhen. Geld wird durch den Betrieb der Anlagen gewonnen. Die produzierte Energie wird verkauft, die Anlagen können gegen eine Gebühr auch vermietet werden.
Teilweise mehr als 9 Prozent Dividendenrendite
"Yieldcos verwalten grundsätzlich Assets mit einem stabilen Cashflow, der gut prognostizierbar ist und für einen längeren Zeitraum Potenzial für die Ausschüttung von Dividenden bietet", schreibt Holger Steffen, Geschäftsführer von SMC Research aus Deutschland, auf cash-Anfrage. Somit seien diese Unternehmen für Privatinvestoren solide Substanzwerte mit zum Teil hohen Dividendenrenditen.
Auch aktuell zeigen sich Yieldcos gegenüber Investoren äusserst spendierfreudig: 8point3 Energy Partners aus den USA bieten eine Dividendenrendite von 9,3 Prozent, die kanadische Transalta Renewables immerhin noch 8,1 Prozent. Im Vergleich dazu wirken die 5,8 Prozent Ausschüttungsrendite von Zurich Insurance, dem "Dividendenkönig" im Schweizer Leitindex SMI, geradezu bescheiden.
Auswahl grosser Yieldco-Aktien
Aktie | Dividendenrendite | Performance, 52 Wochen | Energietyp | Verschuldungs-quote* |
8point3 Energy Partners, USA | 9,3% | -3% | Solar | 44% |
Transalta Renewables, Kanada | 8,1% | -33% | Wind, Wasser | 29% |
Terraform Power, USA | 6,9% | +7% | Solar | 56% |
NRG Yield, USA | 6,8% | -1% | Diverse | 70% |
Saeta Yield, Spanien | 6,5% | +36% | Wind, Solar | 67% |
Brookfield Renewable Partners, Kanada | 6,3% | -1% | Wasser, Wind, Solar | 38% |
Greencoat UK Wind, Grossbritannien | 5,4% | -1% | Wind | 21% |
Northland Power, Kanada | 5,2% | -15% | Naturgas, Solar, Wind | 72% |
Nextera Energy Partners, USA | 4,1% | +20% | Wind, Solar | 36% |
*Debt to assets ratio im Jahr 2017
Quellen: cash.ch, dividend.com und bloomberg.com
Privatanleger haben die Möglichkeit, die Aktien einzelner Yieldcos direkt an der Börse zu erwerben. Empfehlenswert ist der Aufbau eines Portfolios mit mehreren Werten, um das Risiko zu minimieren. Denn teilweise kommt es zu erheblichen Kursschwankungen bei Einzeltiteln. Das sieht auch Steffen so: "Grundsätzlich sollte man nicht alles auf eine Karte setzen und im Bezug auf Yieldcos aus Grossbritannien und Amerika das Währungsrisiko beachten", so der Versorger-Experte aus Münster in Deutschland. Für Schweizer Anleger besteht natürlich auch für den Euroraum ein Währungsrisiko.
Jede Firma der Branche besitzt individuell zusammengestellte, gemischte Portfolios, die in der Regel verschiedene Energieträger beinhalten. Es lohnt sich für Anleger, sich vor dem Titel-Kauf mit den einzelnen Firmen intensiv zu beschäftigen. Im Vordergrund sollten dabei Fragen stehen wie: Auf welchen Energietyp setzt die Firma? In welchen Ländern besitzt die Firma Anlagen? Wie nachhaltig ist die Ausschüttung und das Wachstum? Unterliegt die Aktie starken Schwankungen? Wie hoch ist der Fremdkapital-Anteil?
Auf Verschuldung achten
Vor allem der Fremdkapital-Anteil, also der Verschuldungsgrad, könnte sich in den nächsten Jahren zu einem entscheidenden Faktor entwickeln. Denn: Wachstum wird häufig durch Schuldenaufnahme erzielt. Und mit dem langsam einsetzenden Zinsanstieg wird eine hohe Schuldenlast plötzlich zum Problem, die Refinanzierung wird teurer. Musterschüler bezüglich tiefer Verschuldung sind derzeit Greencoat UK Wind (Verschuldungsgrad 21 Prozent) und Transalta Renewables (29 Prozent). Andere Firmen stehen zum Teil deutlich schlechter da, wie die Tabelle oben zeigt.
Darüber hinaus beobachtet Steffen auch generell tiefere Renditen von neuen Projekten bei erneuerbaren Energien, wodurch das Wachstum künftig erschwert wird. Gut möglich daher, dass in den nächsten Jahren die Dividendenrenditen etwas runter gehen werden. Vor allem auch deshalb, da die staatliche Unterstützung für erneuerbare Energien nachlassen könnte, wovon viele Marktteilnehmer und auch Politiker ausgehen.
Weniger staatliche Unterstützung dürfte auch die Zahl der Firmenpleiten erhöhen. Bereits vor zwei Jahren wurde der Markt für erneuerbare Energien durch den Konkurs der amerikanischen Solarfirma Sunedison - welche 2014 den noch immer existierenden Yieldco Terraform Power hervorbrachte - erschüttert.
Privatanleger, die sich davon nicht abschrecken lassen und gleichzeitig das Risiko eines Einzelinvestments vermeiden wollen, können auch auf einen passiven Fonds setzen: Der Global X Yieldco Index ETF deckt den weltweiten Yieldco-Markt ab. Grösste Positionen sind derzeit Brookfield Renewable Partners (Gewichtung: 10,6 Prozent), Northland Power (10,3 Prozent), NRG Yield (9,2 Prozent) und Transalta Renewables (8,1 Prozent). Die Gebühren belaufen sich auf 0,65 Prozent.