Die ganz goldenen Zeiten von Ascom sind inzwischen eine Weile her: In den 1990er Jahren war die Firma Lieferantin von Telefonen und Netzwerken für die staatlichen Post- und Telekommunikationsunternehmen (PTT). Auch die Schweizer Armee war ein Kunde. Damals zählte Ascom 11‘600 Beschäftigte bei einem Umsatz von knapp 3 Milliarden Franken.

Doch mit der Auflösung der PTT und der Digitalisierung der Telefonie verlor Ascom auch ihre führende Stellung im Telekommunikationsbereich. Die heutige Ascom ist nun rund zehnmal kleiner als damals: Aktuell sind es noch 1‘200 Mitarbeitende bei einem Umsatz von leicht über 300 Millionen Franken. Seit Oktober 2016 fokussiert sich Ascom voll auf den Bereich Wireless Solutions, also auf drahtlose Kommunikationslösungen, und stiess die andere Sparte "Network Testing" ab. Bedient wird nun primär der Gesundheitssektor. Die Hoffnungen beruhen vor allem auf der Produktelinie Myco, ein Telefon für den internen Gebrauch in Spitälern. 

Schlanker muss nicht unbedingt schlechter sein: Die Aktionäre begrüssten die Neuausrichtung zunächst. Als CEO Holger Cordes am Investorentag im November 2017 zusätzlich noch einen Ausbau des Beratungsgeschäfts und den Vorstoss in die Industrie 4.0 verkündete, gab dies der Aktie einen erneuten Boost bis auf ein frisches Zehnjahreshoch bei 25,80 Franken diesen Januar.

Doch seither leidet die Aktie: Seit Jahresbeginn hat Ascom an der Börse 30 Prozent an Wert eingebüsst und notiert aktuell bei 17,50 Franken.

Entwicklung der Ascom-Aktie in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch

Ascom ist zum Opfer der hohen Erwartungen geworden. Das Jahresresultat 2017 mit einem Umsatz von 3 Prozent und einer Betriebsmarge von knapp über 14 Prozent enttäuschte auf der ganzen Linie, mehr aber noch der Ausblick aufs Gesamtjahr 2018. 

Neuausrichtung kommt nur gemächlich voran

Das nährt Zweifel, ob die Ziele für 2020 auch tatsächlich erreicht werden können. Womöglich hat Ascom unterschätzt, wie viel Zeit und Investitionen für eine Neuausrichtung notwendig sind. Der Analyst der Bank Vontobel rät dem Management, die "allzu optimistischen" Ziele aufzugeben und den Zeitplan um zwei Jahre auf 2022 auszudehnen.

Gleichzeitig betont er aber auch, dass die Strategie richtig sei. Ähnlich sieht es die Zürcher Kantonalbank (ZKB): Deren Analyst spricht ebenfalls von einem etwas gemächlicheren Tempo bei Ascom als gemeinhin erwartet, langfristig sei aber mit weiteren operativen Fortschritten zu rechnen. Sowohl die ZKB als auch Vontobel haben Ascom aktuell auf "Halten" eingestuft. Euphorie ist anders.

Das hat seinen Grund: Die Ascom-Titel sind trotz der 30-prozentigen Korrektur in diesem Jahr noch immer kein Schnäppchen. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018 liegt bei hohen 32. Ein Einstieg drängt sich derzeit nicht auf. Zumal sich ein Nicht-Erfüllen der Mittelfristziele bis 2020 abzeichnet, was den Kurs weiter belasten dürfte.

Erst wenn Ascom deutliche Verbesserungen bei der Profitabilität erzielt, ist die Aktie für Anleger wieder spannend. Am 16. August wird im Rahmen der Präsentation der Halbjahreszahlen 2018 ersichtlich, ob sich bereits etwas in diese Richtung getan hat.