Kulante Versicherer informieren Kundinnen schon jetzt über die Auswirkungen der Erhöhung des Frauenreferenzalters. Die schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frauen ab 2025 hat allerdings nur für BVG-Minimalkassen Folgen beziehungsweis für den obligatorischen Bereich, wie Markus Moor von der School of Management and Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) auf Anfrage erklärt.
Auf 1. Januar 2024 müssen betroffene Pensionkassen die erforderlichen Reglementsänderungen vornehmen. Das Rentenalter von Frauen wird im Bundesgesetz über die berufliche Alters- , Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) im Gleichschritt mit der AHV erhöht. Frauen, insbesondere jene der Übergangsjahrgänge 1961, 1962 und 1963, die sich nicht zuletzt aufgrund ihres Alters jetzt damit befassen müssen, ob sie sich eine vorzeitige Pensionierung leisten können, erwarteten ihre angepassten Pensionskassenausweise daher mit Ungeduld.
Reglementsanpassungen notwendig
Es brauche dafür einen aktiven Prozess, sagt Lukas Müller, Direktor des Schweizerischen Pensionskassenverbandes (ASIP), auf Anfrage. Die Änderung des Gesetzgebers müsse von den Vorsorgeeinrichtungen übernommen und im Reglement angepasst werden.
"Dabei kann man grosszügiger sein und beispielsweise Wahlmöglichkeiten oder Leistungen über das gesetzliche Minimum anbieten, was die allermeisten Pensionskassen machen", so Müller. Gerade mit Blick auf das Rücktrittsalter verfügen laut Müller viele Pensionskassen über eigene Bestimmungen, die nicht zwingend dem Referenzalter der AHV entsprechen.
Bekannte Beispiele sind die Luftfahrt oder die Baubranche, dort gelten frühere Rücktrittsalter. Die Berufliche Vorsorge kenne kein "gesetzliches" Rentenalter, sondern nur einen Referenzpunkt. Das bedeute, dass zu diesem Zeitpunkt bestimmte Leistungen erfüllt sein müssten.
Bei fast allen Vorsorgeplänen sei es aber möglich, sich früher oder später als zum Zeitpunkt des AHV-Referenzalters pensionieren zu lassen, sagt Müller. Moor bestätigt, ein grosser Teil der Pensionskassen biete überobligatorische Leistungen und weiche auch beim Rentenalter von den gesetzlichen Bestimmungen ab.
Gemäss einer Pensionskassenstudie von Swisscanto liegt das Rentenalter bei den Frauen bei 69 Prozent der öffentlich-rechtlichen Pensionskassen schon heute bei 65 Jahren. Mit der Reform AHV 21 werde sich für diese Pensionskassen bezüglich des Rentenalters nichts ändern und damit auch nicht für die Versicherten.
Umsetzung läuft noch
Der ASIP-Direktor hält es daher für legitim, dass Vorsorgeeinrichtungen derzeit noch mit ihren bisherigen reglementarischen Parametern arbeiten und diese auch für den Vorsorgeausweis verwenden. Beim Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) heisst es auf Anfrage, man habe keine Kenntnis über den aktuellen Stand der Umsetzung der Reform bei den einzelnen Vorsorgeeinrichtungen.
Die Reglementsänderungen würden von den kantonalen beziehungsweise regionalen Aufsichtsbehörden geprüft und genehmigt. Der Bundesrat habe erst in der Sitzung vom 30. August die Änderung der Verordnungen zur Umsetzung der Reform AHV 21 und deren Inkrafttreten auf den 1. Januar 2024 beschlossen. Daher sei es durchaus möglich, dass die Umsetzung in den Reglementen der Einrichtungen noch nicht abgeschlossen sei und die neuen Berechnungen aufgrund der Erhöhung des Frauenreferenzalters noch nicht umgesetzt werden konnten.
Keine aktuellen Ausweise und persönlichen Angaben für Versicherte gibt es beispielsweise derzeit bei Swisslife. Versicherte werden erst Anfang 2024 informiert. Bei der Zürcher BVK, einer der grössten Pensionskassen der Schweiz, heisst es auf Anfrage, das neue Referenzalter der AHV habe keinen Einfluss auf die BVK. Versicherte hätten schon bisher unabhängig vom Geschlecht zum gleichen Umwandlungssatz zwischen 60 und 70 Jahren in Pension gehen können. Kundinnen und Kunden könnten in ihrer Versichertenplattform die Vorsorgeleistungen tagesaktuell einsehen und verschiedene Szenarien simulieren.
(AWP)