Die Nachfrage nach Logistiklösungen zieht an und der Konflikt im Roten Meer limitiert die verfügbare Seefrachtkapazität. Der Umweg um den Suezkanal erhöht die Komplexität in der Seefracht und damit auch die Frachtraten. All das ist vorteilhaft für Logistiker wie Kühne+Nagel. Das zeigt auch die vom Mitbewerber Hapag-Lloyd vor gut zwei Wochen angehobene Geschäftsprognose.
Die genannten Effekte werden aber erst ab dem dritten Jahresviertel zur sogenannten «peak season» bei Kühne+Nagel einschenken, denken Analysten. Für das nun zu berichtende zwei Quartal 2024 rechnen die Experten indes mit einer leicht tieferen Profitabilität in der Seefracht. Der Reingewinn dürfte laut AWP-Konsens bei 296 Millionen Franken zu liegen kommen, nach 398 Millionen Franken im Vorjahr.
Der Logistikkonzern hatte im Jahr 2023 die Normalisierung nach dem Corona-Boom gespürt. Die Konversionsrate, die das Verhältnis von EBIT zum sogenannten Rohertrag beschreibt und für das Management eine wichtige Kenngrösse ist, fiel im letzten Jahresviertel mit 15,6 Prozent sehr tief aus. Im ersten Quartal 2024 stieg sie dann immerhin wieder auf 18 Prozent.
Eigentliche Jahresziele gibt es bei Kühne+Nagel nicht. Mittelfristig peilt das Unternehmen im Rahmen der «Roadmap 2026»-Strategie Konversionsraten von 25 bis 30 Prozent an (2023: 22 Prozent). Zur See und in der Luft soll die Rate gar bei über 40 Prozent zu liegen kommen. Die Sparten Landverkehr und Kontraktlogistik sollen derweil Werte von über 10 Prozent rsp. von 7-9 Prozent liefern. Die neue Strategie sieht unter anderem Mehrumsätze mit E-Commerce vor. Geplant ist ausserdem der Einstieg in neue Märkte.
Unsicherheit belebt Nachfrage
In einem Ende Juni geführten Interview mit der Nachrichtenagentur AWP gab sich Firmenchef Stefan Paul zuversichtlich. Die Zeichen stünden auf Aufschwung - vor allem in der Seefracht gehe es nach einem langen Abschwung wieder aufwärts. Man könne in der Seefracht von einer «eigentlichen Wiederbelebung des Marktes» sprechen, so der Firmenchef.
So hätten sich die Frachtraten, also die Preise für Containertransporte, in den letzten Wochen fast verdreifacht. Gleichzeitig hätten einige Kunden wegen der Unsicherheit begonnen, Transporte für das Weihnachtsgeschäft vorzuziehen. «Knappheit trifft also auf eine punktuelle Belebung der Nachfrage», so der CEO.
Mit einem Minus von rund zwölf Prozent im bisherigen Jahresverlauf gehören die Papiere von Kühne+Nagel zu den schwächsten Blue Chips. Der SMI hat im selben Zeitraum um knapp zehn Prozent zugelegt. Im vergangenen Jahr legten die Papiere um rund 35 Prozent zu.
(AWP/cash)
1 Kommentar
Man sollte vielleicht noch erwähnen, dass KNIN während der Pandemie nach oben geschossen ist und sich seither in einem stetigen Rückgang befindet, und dies obwohl substantielle Zukäufe erfolgten, die den Umsatz und den Gewinn hätten erhöhen sollen.
Wenn eine Aktie darauf setzen muss, dass es geopolitische Verwerfungen gibt, dass bedeutet das nichts anderes als dass das Unternehmen im "normal case" die aktuelle Bewertung nicht rechtfertigt, sprich überbewertet ist.
Wer sich für KNIN interessiert, dem sei geraten, das Geschäft und den Kursverlauf seit 2019 zu studieren. Gleichzeitig sollte man sich noch den USD anschauen, der als Welthandelswährung auf den Umsatz von KNIN einen massiven Einfluss hat.
Last but not least der obligate Hinweis, dass Kühne und Nagel bis heute ihre Vergangenheit in der NS Zeit noch nicht ordentlich aufgearbeitet hat. Das macht die Mitarbeitenden von Kühne und Nagel in keiner Weise zu Nazis, aber es wirft dennoch ein schlechtes Licht auf ein Unternehmen, das sich nicht ausreichend ehrlich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen und zu Fehlern in der damaligen Zeit nicht stehen will. Gerade in Zeiten, in denen die Rechtsextremen wieder erstarken, könnte man sich als Anleger schon Gedanken, ob man in ein solches Unternehmen investieren will.