Mit einem Kursrutsch um zeitweise fast 12 Prozent hat die Aktie des Luxusuhren- und Schmuckproduzenten Richemont am Freitag auf die pessimistische Konjunktureinschätzung reagiert, die die Konzernspitze im Rahmen der Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr gab. 

"Auch wenn wir in puncto Covid das Schlimmste hoffentlich hinter uns haben, sehen wir uns einem globalen Umfeld gegenüber, das so ungewiss ist wie seit Jahren nicht mehr", sagte Verwaltungsratschef Johann Rupert am Freitag. "Uns stehen unbeständige Zeiten bevor."

Sein "Bauchgefühl" sage ihm, dass Chinas Wirtschaft länger leiden werde, als die meisten denken, erklärte der Richemont-Gründer in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Die konjunkturelle Erholung in der Volksrepublik werde langsamer vonstatten gehen als in anderen Ländern.

Der Kursrutsch bei Richemont stand im Widerspruch zu den guten Nachrichten des Unternehmens - 44 Prozent Umsatzwachstum bei deutlich gestiegener Rentabilität - und zeigt, dass die Besorgnis des Management bei den Anlegern auf bereits vorhandene Nervosität trifft. 

40 Prozent der Richemont-Geschäfte in China geschlossen

Etwa 40 Prozent der Richemont-Geschäfte in China sind derzeit geschlossen. Der Chef der Konzernmarke Cartier, Cyrille Vignerons, erklärte, dem Reich der Mitte könnte eine "Wiederholung des Jahres 2020" bevorstehen, mit einer Beschleunigung der Covid-Infektionen.

"Das Land wird einen wirtschaftlichen Schlag erleiden", sagte Rupert. "Es wird eine vorübergehende Schrumpfung geben." In einigen Ländern könnte die Inflation zu politischen Demonstrationen führen. Es drohe das Risiko einer gesellschaftlichen Polarisierung, die den "Wohlfühlfaktor" dämpfen würde, der dem Luxuskonsum zugrunde liegt. 

"Ich bin besorgt über die Krise bei den Grundnahrungsmitteln", sagte der 71-jährige ehemalige südafrikanische Investmentbanker, der über ein Milliardenvermögen verfügt. "Es wird zu Engpässen kommen. Wenn es kein Brot gibt, randalieren die Menschen."

Aussetzung des Russlandgeschäfts schmälert Gewinn

Die Aussetzung des Russlandgeschäfts schmälerte Richemonts Gewinn um 168 Millionen Euro. Einige Produkte im Land seien beschlagnahmt worden. Die gebuchten Rückstellungen deckten die Risiken in Russland jedoch ab. Richemont beendete das Jahr mit einem Barmittelbestand von 5,3 Milliarden Euro, was Rupert angesichts sich eintrübender Marktbedingungen als "Kraftquelle" bezeichnete. 

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Richemont den Gewinn mehr als verdoppelt. Beim Mutterkonzern von Uhrenmarken wie Lange & Söhne und IWC erholte sich der Umsatz im Nachgang der Pandemie in Rekordumfang. Beim Betriebsergebnis indessen hatten Analysten noch mehr erwartet als die 3,39 Milliarden Euro, die letztlich zu Buche standen. 

"Vorsicht ist das Gebot der Stunde", sagte Finanzvorstand Burkhart Grund. Richemont kündigte eine Sonderdividende an.

(Bloomberg)