Zusammen mit dem Anstieg der Steuerquote dürften Wertberichtigungen dem Schweizer Institut im Gesamtjahr 2023 einen sinkenden Gewinn einbrocken, wie Bär am Montag mitteilte. 2022 verdiente das Geldhaus unter dem Strich 950 Millionen Franken. Bis zum 19. November 2023 habe das Unternehmen Wertberichtigungen in Höhe von insgesamt 82 Millionen Franken gebucht. Davon entfielen 70 Millionen auf das Kreditportfolio in der Zeit nach dem 31. Oktober.
Einem Bericht von «Business Insider» zufolge soll Bär hunderte Millionen an die kriselnde Signa-Gruppe verliehen haben. Bär wollte sich nicht zu der Frage äussern, ob Signa Auslöser der Rückstellungen sei.
Die Aktie sinkt am Montag im frühen Handel um 9 Prozent auf 50,70 Franken. Das ist der tiefste Stand seit Anfang November 2022.
In den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 stiegen die verwalteten Vermögen um elf Milliarden Franken auf 435 Milliarden Franken. Der Anstieg sei hauptsächlich auf die anhaltenden Neugeldzuflüsse und die positive Entwicklung der Aktienmärkte zurückzuführen. Die Aufwertung des Frankens gegenüber den meisten wichtigen Währungen seit Jahresbeginn habe allerdings für Gegenwind gesorgt.
In den ersten zehn Monaten sammelte Bär bei den Kunden netto 10,3 Milliarden Franken ein. Das Geld stammte unter anderem aus der Schweiz, Grossbritannien, Deutschland, Hongkong, Japan, den Emiraten und Israel. In den ersten sechs Monaten hatte Bär unter anderem dank der Krise beim Konkurrenten Credit Suisse Neugeld von 7,1 Milliarden Franken eingesammelt.
Mit der Einstellung von netto 75 Kundenberatern in den ersten zehn Monaten des Jahres und mit einer vielversprechenden Pipeline für weitere Neueinstellungen investiere Bär in zukünftiges Wachstum. Insgesamt beschäftige das Geldhaus nun 1323 Berater. Diese Neueinstellungen hätten auch zu einem Anstieg des Kosten-Ertrags-Satzes auf fast 68 Prozent von 66 Prozent im Gesamtjahr 2022 beigetragen.
Analysten eindeutig enttäuscht
Der Vermögensverwalter hat die Analysten mit seinem Zwischenbericht eindeutig enttäuscht. Erst einmal fielen Kennzahlen wie Bruttomarge und Kosten/Ertrags-Verhältnis oder Angaben zu den Nettoneugeldern in den vier Monaten Julis bis Oktober deutlich unter den Markterwartungen aus. Hinzu kommen die Wertberichtigungen im Kreditportfolio im November, welche die Marktbeobachter als «signifikant» und als «böse Überraschung» titulieren.
Die Ergebnis-Schätzungen für das laufende Jahr dürften nun im Durchschnitt zurückgenommen werden. Zumal Bär auch bereits kommuniziert hat, nach den Wertberichtigungen auf Gewinnebene wohl nicht mehr das Niveau von 2022 erreichen zu können. Dies sei «eindeutig enttäuschend», kommentiert die ZKB. Die neuen Wertberichtigungen dürften, «wie in den Medien berichtet auf den Zusammenbruch von Signa des Financiers Benko zurückzuführen sein».
Einige der Herausforderungen bei Julius Bär hätten nach den Berichten der Wettbewerber zum dritten Quartal erwartet werden können, heisst es bei RBC. Die höheren Kreditrückstellungen seien - trotz umsichtigen Bilanzmanagements - unerwartet aufgetreten.
Jefferies geht noch einen Schritt weiter: Während das Ausmass überschaubar und managebar sei, bleibe die grundsätzlichere Frage nach dem Risikomanagement unvermeidbar. Die Anleger könnten sich fragen, wie ein einziger Kunde - falls dies tatsächlich der Fall ist - zu einer so hohen Kreditrückstellung geführt hat und ob es weitere überproportional grosse Einzelkunden-Engagements gibt. Beobachtern zufolge macht Julius Bär keine Anstalten, den Spekulationen entgegenzutreten.
Mit den vorgelegten Kennzahlen erscheine zum jetzigen Zeitpunkt auch ein Erreichen des Mittelfristziels bei der Cost/Income-Ratio von unter 64 Prozent bis 2025 schwierig, moniert zudem Vontobel. Eine schwache Aktienkursentwicklung seit Anfang Jahr im Vergleich zu Peers erscheine ihm berechtigt.
Ein Lichtblick ist laut den Experten hingegen die gute harte Kernkapitalquote. Dank der stark verbesserten Kapitalisierung erwarte er weiterhin ein neues Aktienrückkaufprogramm im Umfang von 300 Millionen Franken, das mit der Publikation der Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 im Februar angekündigt werden dürfte, schreibt etwa der ZKB-Analyst.
Und auch dass die Bank in den ersten zehn Monaten 2023 netto 75 neue Kundenberater eingestellt hat, stimme zuversichtlich. Denn damit bleibe der Ausblick für Netto-Neugelder positiv.
(AWP/Reuters/cash)