Feststeht: Die 13. AHV-Rente kommt, selbst die heute 30-Jährigen sollen sie dereinst erhalten. Offen ist, wie sie finanziert wird. Diskutiert wird eine Mehrwertsteuererhöhung um 0,7 Prozentpunkte auf 8,8 Prozent. So könnte die finanzielle Lage der AHV trotz milliardenhoher Ausgaben aufgrund der «Zusatzrente» verbessert werden.
Doch für einen Anstieg der Konsumsteuer braucht es eine Verfassungsänderung, sprich: Volk und Stände müssen Ja sagen. Eine höhere Hürde für eine Rechtsänderung kennt das politische System der Schweiz nicht. Zudem wird sich die finanzielle Lage der AHV schon in absehbarer Zeit wieder verschlechtern. Wie Berechnungen des Bundes zeigen, wird das AHV-Umlageergebnis vor 2030 negativ sein, und der AHV-Fonds wird ab 2030 schrumpfen.
Anders formuliert: Für eine nachhaltige AHV-Finanzierung braucht es mehr als eine Mehrwertsteuererhöhung um einige Zehnelprozentpunkte. Dessen ist man sich in Bundesbern bewusst, eine nächste Reform ist in Arbeit und soll spätestens 2026 vorliegen.
UBS: Finanzierungslücke in Billionenhöhe
Überlegungen angestellt haben auch die Vorsorgeexpertinnen der UBS. Dabei haben sie den Bogen nicht über einige Jahre, sondern über Generationen hinweg gespannt. Und hier sieht die Bilanz alles andere als rosig aus: Der AHV fehlen langfristig 1315 Milliarden Franken oder ein Betrag von 177 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2021, dem Basisjahr der UBS-Berechnungen. Diese Zahlen ergeben sich aus der Differenz des Barwertes der zukünftigen Einnahmen und des Barwertes aller Rentenversprechen der ersten Säule.
Angesichts dieser Perspektiven sei «eine breit abgestützte und langfristig wirksame Strukturreform, die auf mehreren Komponenten und Kompromissen aufbaut, unumgänglich», schreiben die Vorsorgeexpertinnen Jackie Bauer und Veronica Weisser.
Sie haben in ihrer jüngsten Studie mehrere Finanzierungswege dargestellt. Vorweg: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte auf 8,8 Prozent reduziert die Finanzierungslücke der AHV von 177 auf 144 Prozent des BIP. Sie wirkt so schwach wie keine andere Finanzierung via Mehrwertsteuer und Lohnbeiträge.
Würden die Mehrwertsteuer auf 8,7 Prozent (+0,6 Prozentpunkte) und die Lohnbeiträge auf 9,3 Prozent (+0,6 Prozentpunkte) erhöht, so würde die Finanzierungslücke der AHV auf 107 Prozent des BIP verringert. Geschlossen würde sie, wenn Mehrwertsteuer auf 8,7 und die Lohnbeiträge auf 11 Prozent steigen - oder wenn die Lohnbeiträge auf 11,5 Prozent erhöht würden.
Der Bundesrat hat eine AHV-Alimentierung über die Löhne geprüft, aber verworfen. Sie würde, so die Begründung, «die bereits hohen Lohnkosten in der Schweiz weiter steigen» lassen. Zudem müssten die Erwerbstätigen für die Zusatzkosten aufgekommen. Ineffizient sei ferner eine gemischte Lösung aus Mehrwertsteuererhöhung und Lohnbeitragsanhebung.
Aufgrund der UBS-Studie lässt sich im Weiteren sagen: Eine Erhöhung des Rentenalters würde die AHV nachhaltiger machen, die Finanzierungslücke aber nicht vollständig schliessen. Das beste dahingehende, von den USB-Expertinnen durchgespielte Szenario entspricht grob der «Renteninitiative», die in der Volksabstimmung vom März gescheitert ist. Diesem Konzept folgend wird das Referenzalter für den Renteneintritt zunächst auf 66 angehoben und anschliessend an die Lebenserwartung gekoppelt. In diesem Rahmen könnte die AHV-Finanzierungslücke von 177 auf 61 Prozent gesenkt werden. Das dürfte bis auf Weiteres aber eine theoretische Möglichkeit bleiben, denn nach dem Nein zur «Renteninitiative» scheint ein höheres Referenzalter momentan politisch kaum durchsetzbar.
Die Landesregierung lässt aber eine Türe offen. In einer nächste Reform für die Zeit ab 2030 sei ein höheres Referenzalter «zu prüfen».
Mehrwertsteuererhöhung nicht chancenlos
In den Augen der UBS-Experten führt über kurz oder lang nur eine Kombination aus Reformkonzepten zum Ziel, die AHV langfristig finanziell gesund zu erhalten - beispielsweise ein Verbund aus einer Mehrwertsteuererhöhung, einem höheren Referenzalter und weiterer Massnahmen wie ein neu formulierter Mischindex zur Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung. «Wichtig bei jeder Diskussion ist zu beachten, dass die Vorzüge des aktuellen Systems auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben und die zusätzlichen Lasten möglichst breit verteilt werden», sagt Jackie Bauer.
Zur aktuell laufenden Diskussion kann man sagen: Im Unterschied zu Lohnabzügen sind von der Mehrwertsteuer alle betroffen, die Geld ausgeben - auch die Rentnerinnen und Rentner. Ob diese folglich ihre eigene Rente mitfinanzieren wollen? Man wird es spätestens an der Volksabstimmung sehen. In früheren Abstimmungen kamen solche Steuererhöhungen zugunsten der AHV durch, zum Beispiel im Herbst 2022. Damals sagten 55 Prozent der Stimmbevölkerung und 18 von 23 Kantonen Ja zu einer um 0,4 Prozentpunkte höheren Konsumsteuer zugunsten der ersten Säule. Die Hauptmotive waren «Sicherung der Renten», «Stabilisierung der AHV» und «AHV benötigt Mittel».
7 Kommentare
Wir müssen endlich umdenken und die Situation gesamtheitlich betrachten. Wir haben eine arbeitende Bevölkerung die unsere ganze Gesellschaft finanziert. D.H. die arbeitende Bevölkerung bezahlt für die Kinder und Jugendlichen in Ausbildung, die Leute mit Handicap, die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger und die Pensionierten. Jetzt müssen wir uns überlegen, wo wir zuerst ansetzen müssen um mehr Leute zum Arbeiten zu motivieren. Und da sehe ich nicht die Pensionierten als erstes. Sie haben ihr ganzes Leben lang gearbeitet und ihren Beitrag geleistet. Bevor wir also diese weiter zum Arbeiten drängen sollten doch versuchen, die Kapazitäten bei den Arbeitslosen besser zu nutzen. Somit schlage ich vor, das Rentenalter variabel in Abhängigkeit der Arbeitslosenrate zu definieren. Wenn die Arbeitslosenrate z.B. höher 2 % ist, wird das Rentenalter gesenkt. Wenn sie tiefer ist, wird es erhöht.
Ich habe eigentlich einen anderen Vorschlag. Man sollte die Lohnerhöhung an den Produktivitätszuwachs koppeln ähnlich wie in den 60ern. Seien wir ehrlich der Medianlohn sollte mindestens 7800 sein und nicht 6700 fr. Zusammen mit ein bisschen erhöhung der abgabe, das beste fürs Volk. Reallohn ist tiefer als 2000 in Bezug auf Lebenskosten. Und nein nur minimal weniger Produkte und Services werden teurer. Ausser pflege, Reinigung und evtl McDonalds bleibt der Preis gleich. Wir importieren ja so gut wie alles. Dieses Argument stimmt einfach für die Schweiz nicht!
Vielen Leuten ist nicht bewusst das wir eigentlich bereits eine Finanztransaktionssteuer haben, nur heisst die eben Eidg. Stempel.
Als nicht Jurist frage ich mich wäre also so eine Steuer wie von ihnen vorgeschlagen nicht eine Steuer auf einer Steuer und darum nicht mal
Verfassungskonform. Diese Finanztransaktionssteuer ist kein allerwelts
Heilmittel, sondern vor allem eine neue Steuer.
Ich finde es stossend, dass Arbeit:nehmerinnen steuerlich noch mehr belastet werden sollen... warum wird nicht endlich die Finanztransaktionssteuer angegangen? Statt Einkommen von jungen Familien zu belasten, sollen doch besser vermögende Börsen-Trader:innen belastet werden.
Sie haben vollkommen recht. die 7 Gelehrten in Bern sollten doch mal durchrechnen wieviele Börsentransaktionen pro Jahr erfolgen. Wären das 50 Mia, dann müsste man eine Steuer von 10 Rappen pro Transaktion erheben um die 5 Mia für die 13. AHV zu erreichen. Davon wird niemand arm.
ist vermutlich eine heilige Kuh und es wird argumentiert, dass dann die Geschäfte nicht mehr in der CH getätigt würden also an den ausländischen Börsen. daher: wenn nicht alle solche Steuern einführen, wird das leider keine Lösung werden...
Die Finanztransaktionssteuer gibt es schon seit Jahrzehnen. 0.15 % auf inländische Wertpapiere und 0.3 % auf ausländische Wertpapiere: https://www.estv.admin.ch/estv…