Russlands Präsident Wladimir Putin hat einer Zeitung zufolge angedeutet, dass die Söldner der Wagner-Gruppe eine neue Führung erhalten könnten. Die Wirtschaftszeitung "Kommersant" veröffentlichte am Freitag ein Interview mit Putin, bei dem es insbesondere um dessen Treffen mit dem Söldnerchef Jewgeni Prigoschin und Wagner-Kommandeuren nach dem abgebrochenen Aufstand der Gruppe gegangen sei. Er habe den Söldnern Möglichkeiten zur Fortsetzung ihres Dienstes aufgezeigt, sagte der Präsident demnach. Darunter sei, unter dem Kommando eines führenden Wagner-Befehlshabers mit dem Kampfnamen "Sedoi" zu dienen. "Für sie hätte sich nichts geändert. Sie wären von derselben Person geführt worden, die die ganze Zeit über ihr eigentlicher Befehlshaber gewesen war."

Bei "Sedoi" - übersetzt "Grauhaar" - handelt es sich nach französischen und EU-Dokumenten, Insidern und Medienberichten um Andrej Troschew, ein hoch dekorierter Veteran der russischen Kriege in Afghanistan und Tschetschenien. Er stammt aus Putins Heimatstadt St. Petersburg und wurde vor einigen Jahren in Gesellschaft des Präsidenten fotografiert. Putin führte dem Interview zufolge aus, dass viele der anwesenden Wagner-Kämpfer nach dem Vorschlag zustimmend genickt hätten. Dies habe Prigoschin jedoch nicht gesehen. "Prigoschin (...) sagte, nachdem er zugehört hatte 'Nein, die Jungs werden mit einer solchen Entscheidung nicht einverstanden sein'", wurde Putin zitiert. Diese Sätze aus "Kommersant" finden sich nicht in der offiziellen Niederschrift der russischen Regierung von dem am Donnerstag geführten Interview.

Belarus: Wagner bildet Soldaten aus

Das Treffen von Putin mit 35 Wagner-Kommendeuren und Prigoschin soll am 29. Juni stattgefunden haben, fünf Tage nach dem abgebrochenen Aufstand der Söldnergruppe. Der Status von Wagner und das Schicksal von Prigoschin sind unklar. Dem Interview zufolge sagte Putin auf die Frage, ob die Gruppe als eigene Kampfeinheit weitergeführt werde, dass es sie ohnehin nicht gebe. Denn für private Militär-Organisationen gebe es in Russland keine rechtliche Grundlage. "Sie existiert einfach nicht." Auf Nachfrage teilte das Präsidialamt am Freitag mit, es gebe keine juristische Person mit dem Namen Wagner. Der rechtliche Status derartiger Unternehmen sei eine komplizierte Angelegenheit, die geprüft werden müsse.

Prigoschin selbst ist seit dem 24. Juni nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden, als er die russische Stadt Rostow am Don verließ, die er mit seinen Kämpfern besetzt hatte. Früheren Angaben zufolge soll er mit Putin vereinbart haben, zusammen mit einigen seiner Kämpfer ins Exil nach Belarus zu gehen. Das Verteidigungsministerium dort teilte am Freitag mit, Mitglieder der Gruppe seien südöstlich von Minsk an der Ausbildung belarussischer Soldaten beteiligt. Zwei Wagner nahestehende Personen sagten der Nachrichtenagentur Reuters, einige der Söldner seien seit spätestens Dienstag in Belarus.

Prigoschins Kämpfer hatten vorübergehend die Kontrolle im Rostow am Don übernommen, wo ein Hauptquartier des russischen Militärs für den Krieg in der Ukraine liegt. Ein Teil der Privatarmee fuhr in Richtung Moskau. Einige Hundert Kilometer vor der Hauptstadt brach Prigoschin den Aufstand ab. Seinen Angaben zufolge war kein Sturz von Putin geplant. Vielmehr habe er Änderungen an der Militärführung gefordert. Prigoschin hatte unter anderem Verteidigungsminister Sergej Schoigu militärisches Versagen vorgeworfen.

(Reuters)