Thyssenkrupp hatte zuletzt Mitte Mai unter anderem wegen Mengenrückgängen und geringerer Preise im Stahl- und Werkstoffhandelsgeschäft seine Prognosen gesenkt. Die im MDax notierte Aktie verlor am Freitag zu Handelsbeginn mehr als acht Prozent auf 3,54 Euro und fiel in Richtung ihres Rekordtiefs vom März 2020 von 3,28 Euro. Im laufenden Jahr hat das Papier mehr als 40 Prozent eingebüsst. Auf lange Sicht ist die Bilanz noch miserabler. Seit Jahren müssen Aktionäre Verluste hinnehmen.

Händler bemängelten, dass der Konzern nach wie vor nicht in der Lage sei, einen positiven freien Mittelzufluss zu erwirtschaften und sprachen von einer anhaltenden Enttäuschung. Barclays-Experte Tom Zhang monierte, dass Thyssenkrupp nun ein weiteres Jahr mit einem Mittelabfluss drohe. Das ebenfalls gesenkte operative Ergebnisziel komme hingegen nicht ganz überraschend, der Konsens habe bereits tiefer gestapelt.

Für das Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September) rechnet der Konzern nun mit einem Umsatzrückgang von sechs bis acht Prozent. Zuvor war Thyssenkrupp von einem Erlös unter dem Vorjahreswert ausgegangen. Beim um Sonderposten bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) dürfte ein Wert oberhalb von 500 Millionen Euro erreicht werden. Zuvor hatte es noch die Erwartung eines bereinigten operativen Ergebnisses im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich gegeben.

Beim freien Mittelzufluss ohne Berücksichtigung von Fusionen und Übernahmen (FCF ohne M&A) rechnet Thyssenkrupp mit minus 100 Millionen Euro jetzt mit einem negativen Wert. Zuvor war der Konzern von einem positiven Wert im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich ausgegangen.

Im dritten Geschäftsquartal lag der Umsatz vorläufigen Angaben zufolge mit rund 9 Milliarden Euro um gut 6 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert. Experten hatten hier knapp 300 Millionen Euro mehr erwartet. Das bereinigte operative Ergebnis sank um mehr als ein Drittel auf 150 Millionen Euro. Der Zahlungsmittelabfluss lag bei minus 250 Millionen Euro nach plus 347 Millionen Euro im Vorjahr.

Thyssenkrupp befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbau. Dabei sucht der Konzern insbesondere für die volatile Stahlsparte eine Lösung. Der Bereich ächzt unter einer zu geringen Nachfrage und zu hohen Kosten, hauptsächlich für Energie. Überkapazitäten drücken auf die Preise. Hinzu kommen Billigimporte aus Asien. Zudem braucht Thyssenkrupp viel Geld, um die Produktion CO2-ärmer zu machen und auf «grünen Stahl» umzustellen.

Der Konzern plant einen deutlichen Abbau von Stahl-Erzeugungskapazitäten in Duisburg, der mit einem Stellenabbau verbunden sein soll. Details dazu sind nach wie vor offen. Die Vorstellung der Pläne wurde mehrfach verschoben. Letzten Medienberichten zufolge könnte es nun Anfang August soweit sein und eine Entscheidung fallen. Zudem soll die EPCG-Holding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky 20 Prozent der Stahlsparte übernehmen, später 50 Prozent. Bei der geplanten strategischen Partnerschaft mit der EPCG soll es vor allem um Energielieferungen gehen. Wegen des Umbaus gibt es seit längerem Streit mit der Gewerkschaft IG Metall./nas/he/men/jha/

(AWP)