Dem mit dem Turnaround kämpfenden Stahlkocher machte 2024 das zweite Jahr in Folge die industrielle Rezession in Teilen Europas zu schaffen. Die industrielle Produktion sei trotz optimistischerer Prognosen weiter zurückgegangen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
Vor allem die Nachfrage aus dem für das Unternehmen wichtigen Automobilsektor sei weiter zurückgegangen. Die Produktionszahlen im europäischen Automobilsektor blieben deutlich unter dem Vor-Pandemie-Niveau von 2019. Die wirtschaftlichen und finanziellen Unsicherheiten hätten auch den deutschen Maschinen- und Anlagenbau getroffen, und damit Swiss Steel.
Absatz ging weiter zurück
Das bereits im Jahr davor schwache Absatzvolumen bröckelte weiter. Es ging auf vergleichbarer Basis im Geschäftsjahr 2024 um 5,1 Prozent auf 1056 Kilotonnen zurück. Der um Verkäufe bereinigte Umsatz sank um 14,3 Prozent auf 2,84 Milliarden Euro.
Operativ erzielte Swiss Steel auf Stufe EBITDA einen Verlust von 35,5 Millionen, wobei dieses Ergebnis von positiven Einmaleffekten begünstigt wurde. Die Gruppe verkaufte ihre Aktivitäten in Portugal, Argentinien, Kolumbien und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie ihre ehemalige Konzernzentrale in Düsseldorf.
Unter dem Strich resultieren mit 197,2 Millionen Euro erneut tiefrote Zahlen. Im Jahr davor war es ein Verlust von 294,8 Millionen gewesen.
Zum Jahresende betrug das Eigenkapital 322,8 Millionen Euro, nachdem 234,4 Millionen Euro ein Jahr davor. Ein wesentlicher Grund dafür war eine Kapitalerhöhung im April 2024, die - nach Abzug der Kosten - 287,8 Millionen Euro eingebracht hat. Allerdings wurde dieser Zuwachs durch den Konzernverlust teilweise wieder reduziert. Die Eigenkapitalquote stieg dennoch auf 19,3 von 12,1 Prozent per Ende 2024.
Der abgeschlagene Konzern hatte im letzten Jahr harte Einschnitte vorgenommen. Wegen der schwachen Nachfrage baute das Innerschweizer Unternehmen rund 800 der insgesamt rund 7500 Stellen ab, in der Schweiz waren es 130 von 750 Arbeitsplätzen.
Neue Finanzierungsvereinbarungen
Auch die Politik ist dem Unternehmen zur Seite gesprungen. Bis Ende 2028 können vier in der Stahl-, Eisen- und Aluminiumproduktion tätige Unternehmen Überbrückungshilfen beim Bund beantragen.
Wie seit Januar bekannt ist, zieht sich das Unternehmen von der Schweizer Börse zurück. Durch die umfangreichen Restrukturierungs- und Reorganisationsmassnahmen der letzten Jahre sei der Streubesitz deutlich gesunken und die Aktien der Gesellschaft weitgehend illiquide, hiess es zur Begründung.
Im ersten Quartal 2025 schloss die Swiss-Steel-Gruppe neue Finanzierungsvereinbarungen ab. Diese sehen unter anderem eine zusätzliche Kreditfinanzierung durch den Mehrheitsaktionär Martin Haefner (in Höhe von 150 Millionen Euro) sowie eine Verlängerung der wesentlichen Konzernfinanzierungen bis Dezember 2029 vor. Der Abschluss der Transaktion ist für April 2025 vorgesehen.
«Anzeichen einer Erholung»
2024 sei ein herausforderndes Jahr mit schwierigen Marktbedingungen gewesen, kommentierte CEO Frank Koch das Geschäftsjahr. «Der Weg zur vollständigen Erholung braucht Zeit - entscheidend wird dabei die Erholung unseres wichtigsten Marktes sein: der industriellen Produktion», wurde er in der Mitteilung zitiert.
Im Ausblick sah Swiss Steel bei den Auftragseingängen zu Jahresbeginn «leichte Anzeichen einer Erholung», wie es in der Mitteilung hiess.
rw/to
(AWP)