«Es ist höchste Zeit, hier einen Kurswechsel vorzunehmen», sagte Jürgen Sandau, für Lieferketten zuständiger Partner bei Deloitte. «Sonst drohen der deutschen Wirtschaft zum Beispiel im Fall eines eskalierenden Taiwan-Konflikts erhebliche Abschreibungen und Verluste.» Zwischen dem Inselstaat und China gibt es immer wieder Spannungen, weil Peking die Insel zum Gebiet Chinas zählt, obwohl in Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung an der Macht ist.

Taiwan dominiert Chip-Geschäft

62 Prozent der Halbleiter beziehe die deutsche Industrie aus nur fünf asiatischen Ländern, heisst es in der Studie. Der grösste Teil entfalle mit 23 Prozent auf Taiwan, dem Sitz des weltgrössten Produzenten TSMC - mit stark steigender Tendenz. Dahinter folgten mit jeweils acht bis 13 Prozent Anteil Malaysia, China, die Philippinen und Thailand.

Dabei habe Deutschland gute Voraussetzungen für den Aufbau einer eigenen Chip-Produktion, sagte Sandau. Denn den wichtigsten Rohstoff Silizium beziehe die Bundesrepublik zu rund drei Vierteln aus Europa. Norwegen sei mit 58 Prozent der mit Abstand wichtigste Lieferant, gefolgt von Frankreich mit 15 Prozent. Die Lieferwege seien kurz, das politische Risiko der Herkunftsländer gering: «Mit Blick auf den Aufbau der Halbleiter-Produktion in Deutschland sind das aktuell gute Voraussetzungen.» Weltweit werde der Silizium-Markt dagegen von China dominiert, mit einem Anteil von 57 Prozent.

China verstärkt Lithium-Lieferungen

Ganz anderes sehe es beim Batterie-Rohstoff Lithium aus. Hier sei die Abhängigkeit Deutschlands von China sogar noch grösser als weltweit. Während China den Angaben zufolge global nur sieben Prozent des Lithium-Bedarfs deckt, liegt der Anteil in Deutschland inzwischen bei 24 Prozent. Seit 2013, als China nur ein Prozent des in Deutschland importierten Lithiums geliefert habe, habe sich der Anteil vervielfacht. Mit diesem rasanten Wachstum sei China im Begriff, Chile als wichtigstem Lieferanten der deutschen Industrieunternehmen den Rang abzulaufen, so Deloitte. Noch liege Chile mit 47 Prozent zwar vorn, doch 2013 habe der Anteil noch bei 76 Prozent gelegen. Weltweit entfielen weiter 61 Prozent des Lithiums-Geschäfts auf das südamerikanische Land.

Sandau empfiehlt auch hier ein Gegensteuern. «Deutschland könnte zum Beispiel seine Lithiumimporte aus Argentinien deutlich steigern.» Während das Land weltweit mit 17 Prozent Marktanteil der zweitgrösste Lithium-Exporteur sei, beziehe Deutschland nur ein Prozent seines Bedarfs von dort. Zudem könnten einheimische Vorkommen und verstärkte Importe aus dem europäischen Ausland die Abhängigkeiten reduzieren, empfiehlt Deloitte.

China wichtigster Batterie-Lieferant

Bei Lithium-Ionen-Akkus, in denen der Rohstoff verwendet wird, liege China bereits klar vorn. 41 Prozent der bezogenen Batterien stammten bereits aus der Volksrepublik. 2013 habe der Anteil Chinas bei nur 27 Prozent gelegen. Fast die Hälfte des Bedarfs werde aber bereits aus Osteuropa gedeckt: 23 Prozent der Akkus stammten aus Polen, 19 Prozent aus Ungarn und sieben Prozent aus Tschechien. Wegen des steigenden Bedarfs an Lithium-Ionen-Akkus für E-Autos werden in Deutschland mehrere Batteriefabriken gebaut, weitere sind in Planung./fjo/DP/nas

(AWP)