Gemessen am Wähleranteil von SP und Grünen konnte die von den Jungen Grünen lancierte Initiative im Wesentlichen bei der Wählerschaft des linken rot-grünen Spektrums punkten. Der Ja-Anteil von rund 30 Prozent entspricht in etwa dem Wähleranteil von SP und Grünen bei den nationalen Wahlen vom Herbst 2023.

Bisherigen Weg weiterverfolgen

Die Mehrheit der Stimmenden hielt es wie die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände. Diese sahen den Wohlstand in Gefahr und hatten empfohlen, anstatt der radikalen Forderung der Initiative beim Klima- und Umweltschutz den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen.

Mit dem 2023 angenommenen Klimaschutz-Gesetz setzte die Schweiz Wegmarken zum Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050. Vor Kurzem wurde ausserdem das CO2-Gesetz revidiert und die Kreislaufwirtschaft gestärkt. Zusätzliche Anstrengungen für mehr biologische Vielfalt wünschen die Stimmenden nicht; 2024 lehnten sie die Biodiversitätsinitiative ab.

Die Allianz der Gegner bewertete das Abstimmungsresultat als Fingerzeig an die Grünen und «ihre etatistische Verbotspolitik». Es sei auch eine Absage an die Wachstums- und Kapitalismuskritik. «Die Stimmberechtigten haben ein eindimensionales Ökodiktat, das wirtschaftliche und soziale Aspekte ausblendet, wuchtig verworfen.»

Aufgezwungener Konsumverzicht, Preisexplosion und Wohlstandsrückgang seien abgewendet worden. Und Umwelt- und Klimaschutz dürfe nicht auf Kosten der Bevölkerung oder der Unternehmen gehen.

«Das Nein ist gewiss kein Nein zum Schutz der Umwelt», kommentierte Umweltminister Albert Rösti das Abstimmungsergebnis. Es sei vielmehr ein Nein zu einem radikal anderen Leben gewesen. Wegen der kurzen Umsetzungsfrist von zehn Jahren hätte das Begehren laut Rösti kaum ohne Verbote und Vorschriften umgesetzt werden können.

«Verteidiger des Status quo»

Auf der Verliererseite standen Junge Grüne, SP und Grüne. Die Jungen Grünen sahen das Resultat als Achtungserfolg. Das «Nein» sei ein Sieg für die «Verteidiger des Status quo», die die Warnungen der Wissenschaftler ignorierten. Einmal mehr habe die Panikmache der bürgerlichen Parteien und der Grosskonzerne ihre Wirkung gezeigt.

Die Schweiz gewichte das kurzfristige Wirtschaftswachstum deutlich höher als die Erhaltung der Lebensgrundlagen, schrieben die Grünen im Kurznachrichtendienst X. Auch wenn die Mehrheit die Initiative «als falsche Lösung für aktuelle klimapolitische Herausforderungen» sehe, bleibe der Klimaschutz wichtig, schrieb die SP auf Bluesky.

Ziel der Initiative «für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)» war, die Lebensgrundlagen zu erhalten und zu schützen. Für wirtschaftliche Tätigkeiten und den Konsum sollten nur noch so viele Ressourcen genutzt werden dürfen, wie die Natur ersetzen kann.

Konkrete Vorgaben dazu machte die Initiative nicht. Das Ziel hätte innerhalb von zehn Jahren erreicht sein müssen, und die Initiative hätte sozialverträglich umgesetzt werden müssen.

Initiativkomitee sah «keine andere Wahl»

«Angesichts der eskalierenden Umweltkrisen hatten wir als Jungpartei keine andere Wahl, als diese Initiative ins Leben zu rufen», sagte Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, beim Start der Abstimmungskampagne.

Der Abstimmungskampf verlief allerdings flau; das Nein zeichnete sich im Vorneherein ab. Das widerspiegelten auch die vergleichsweise tiefen Abstimmungsbudgets. Das Ja-Lager budgetierte rund 234'000 Franken, die Gegner investierten mit 450'000 Franken rund das Doppelte. Die Stimmbeteiligung lag bei rund 38 Prozent.

Rund 1'471'600 Stimmende legten nach Angaben des Bundesamtes für Statistik und der Kantone am Wochenende ein Nein in die Urnen und 635'400 ein Ja. Der Nein-Anteil beträgt damit 69,8 Prozent, und die Initiative wurde in allen Kantonen abgelehnt. Allerdings sagte mehrere Städte Ja, unter anderem Lausanne und Bern.

(AWP)