Die SP zeigte sich nach der Niederlage ihrer Initiative an der Urne enttäuscht. Die explodierenden Krankenkassenprämien würden die Bevölkerung weiterhin stark belasten und ihre Hauptsorge bleiben, schrieb die Partei am Sonntag. Sie anerkenne, dass die Initiative vor allem in der Deutschschweiz nicht überzeugt habe. Immerhin seien die Kantone mit dem Gegenvorschlag verpflichtet, die Prämienverbilligungen zu erhöhen.

Als Konsequenz aus der Niederlage kündigte die SP eine Initiative für eine öffentlich-rechtliche Krankenkasse an. Diese soll Anfang 2025 lanciert werden. «Der teure und ineffiziente Pseudo-Wettbewerb zwischen den privaten Krankenkassen, welcher die Prämienexplosion mitverantwortet, muss jetzt gestoppt werden», sagte Nationalrätin und Co-Fraktionspräsidentin Samira Marti (BL).

Milliardenkosten abgewendet

Die Prämienentlastungs-Initiative hätte Mehrkosten von jährlich bis zu 11,7 Milliarden Franken verursacht, teilte die SVP mit. Dazu hätte die Mehrwertsteuer um weitere zwei bis drei Prozentpunkte erhöht werden müssen. Das hätte pro Haushalt 1200 Franken ausgemacht.

Die Bevölkerung habe die versteckte Umverteilung zulasten des Mittelstands durchschaut. Der nun in Kraft tretende indirekte Gegenvorschlag verpflichte viele Kantone zur Erhöhung der Prämienverbilligungen.

SVP-Ständerat Hannes Germann (SH) sagte in der Abstimmungssendung des Schweizer Fernsehens SRF, die Gesundheitskosten seien für den Mittelstand tragbar und die Versorgungsqualität hoch.

«Erfolg für Mittelstand»

FDP-Nationalrätin Regine Suter (ZH) sagte, die Initiative habe eine grosse Sorge der Bevölkerung aufgenommen, dafür aber das falsche Rezept geliefert. Mit Milliardenfolgen hätte sie lediglich Symptome bekämpft. Jetzt könne der Gegenvorschlag in Kraft treten.

Froh zeigte sich Sauter über die Deutlichkeit des Resultats. Die FDP schrieb von einem Erfolg für den Mittelstand. Die Bevölkerung habe die Folgekosten erkannt.

Die Mitte schrieb, die Prämienverbilligungen seien ein wichtiges Instrument des sozialen Ausgleichs. Mit der Ablehnung der Initiative könne der finanziell verantwortungsvollere Gegenvorschlag in Kraft treten.

Die Berner GLP-Nationalrätin Melanie Mettler erklärte: «Wir müssen jetzt sicherstellen, dass wir die längst bekannten und konkret umsetzbaren Massnahmen ergreifen, um Doppelspurigkeiten und Fehlanreize in der Gesundheitsversorgung zu reduzieren und somit den Prämienanstieg zu stoppen.»

Für die Grünen bleibt nach dem Nein nur noch ein Weg: Einkommens- und vermögensabhängige Prämien. Die unsozialen Kopfprämien müssten verschwinden. Das Parlament müsse endlich für eine gerechte Verteilung der Prämienlast sorgen.

Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) bezeichnete die Initiative als viel zu teuer. Sie verwies auf die 2022 ausgerichteten Prämienverbilligungen von 2,5 Milliarden Franken. Die Verbilligungen seien auf die kantonalen Sozial- und Steuersysteme ausgerichtet.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse erklärte, mit dem Nein seien falsche Anreize und milliardenschwere Zusatzkosten abgewendet. Die Initiative sei als Mogelpackung entlarvt. Gleich argumentierte der Schweizerische Gewerbeverband.

SGB will für Prämiendeckel kämpfen

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) forderte die rasche Umsetzung des Gegenvorschlags. In allen Kantonen, welche die Initiative annahmen, werde sich der SGB für eine Deckelung der Prämien auf zehn Prozent engagieren. Der Arbeitnehmerverband Travailsuisse sah eine Chance zur Entlastung der Haushalte verpasst und kritisierte die unsoziale Kopfprämie.

Für die Gewerkschaft Unia war klar, dass nun die Löhne steigen müssen. Der Interessenverband der forschenden Pharmaunternehmen Interpharma forderte ganzheitliche Ansätze im Gesundheitswesen. Die Pharmaindustrie trage dazu bei, indem sie etwa im Rahmen der Preisüberprüfungen jährliche Einsparungen von 1,5 Milliarden Franken vornehme.

(AWP)