Eine Begrenzung der Krankenkassenbeiträge war nicht mehrheitsfähig, obwohl hohe Versicherungskosten von der Schweizer Bevölkerung regelmässig als Sorgenthema Nummer eins empfunden werden. Während des Abstimmungskampfs zur Initiative schrumpfte die Zustimmung in Umfragen - zuletzt von fast sechzig auf fünfzig Prozent. Die erste Hochrechnung am Sonntagmittag geht nun von einem Ja-Stimmen-Anteil von 43 Prozent aus.
Das Nein sei eindeutiger, als es die Umfragen hätten vermuten lassen, sagte gfs-Politologe Lukas Golder im Schweizer Fernsehen SRF. Er interpretierte das Ergebnis damit, dass die Debatte in der Deutschschweiz zuletzt von der Finanzpolitik geprägt worden sei. Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente im März sei der Bevölkerung bewusst geworden, dass das Volksbegehren grosse Kostenfolgen gehabt hätte.
Auch die erwartete durchschnittliche Stimmbeteiligung habe der Initiative nicht in die Karten gespielt, so Golder. «Es gab keine Protestabstimmung.» In der Westschweiz werde es aber Kantone geben, wo die Initiative mehrheitsfähig gewesen sei.
Nicht finanzierbare Subventionen
Die Initiative forderte, dass alle Versicherten höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämien aufwenden müssen und dass sie für den Betrag darüber hinaus eine Prämienverbilligung erhalten. Gemäss Initiativtext sollte der Bund zwei Drittel der Gesamtausgaben übernehmen. Die Kantone sollten ein Drittel finanzieren.
Bundesrat, Parlament, Kantone und namhafte Wirtschaftsverbände lehnten die SP-Initiative ab. Es gebe schon Programme zur Unterstützung von Bedürftigen, gaben sie zu bedenken. Ein Ausbau der Prämienverbilligungen im Sinne der Initiative hätte die Steuerzahlenden im Jahr 3,5 bis 5 Milliarden Franken gekostet und wäre nur durch Steuererhöhungen finanzierbar gewesen, lautete das Kernargument der Gegnerschaft.
Mit der Initiative wäre das Problem der steigenden Gesundheitskosten zudem nur symptomatisch, nicht aber an der Wurzel bekämpft worden, machten bürgerliche Kräfte geltend. Die grossen Herausforderungen seien mit mehr Markt und Eigenverantwortung zu lösen statt mit zusätzlichen Subventionen.
Kantone müssen mehr machen
Die Gegner verwiesen im Abstimmungskampf jeweils auf den vom Parlament verabschiedeten indirekten Gegenvorschlag, der nach dem Nein in Kraft tritt. Dieser helfe, die finanzielle Belastung der Menschen durch die Krankenkassenprämien kurz- bis mittelfristig zu senken.
Die Kantone müssen demnach künftig einen Mindestbeitrag von 3,5 bis 7,5 Prozent der Kosten der obligatorischen Grundversicherung für die Prämienverbilligung aufwenden. Der Gegenvorschlag bedeutet für sie Mehrkosten von etwa 356 Millionen Franken. Bis 2030 könnten diese Kosten auf 960 Millionen Franken ansteigen.
Kantone mit hohen Gesundheitskosten werden künftig mehr Prämienverbilligungen zahlen müssen als Kantone mit niedrigen Kosten. Der Bundesanteil bleibt unverändert.
Druck auf Entlastung bleibt hoch
Anders als bei der Abstimmung für eine 13. AHV-Rente gelang es der Linken nicht, die Kostenfolgen der Initiative mit stärkeren Argumenten zu kompensieren. Familien, untere und mittlere Einkommen litten am meisten unter der Prämienexplosion, machten die Initiantinnen und Initianten geltend.
Ausserdem verschöbe sich der Druck der steigenden Gesundheitskosten weg von den Prämienzahlenden hin zur Politik. Bund und Kantone bekämen einen Anreiz, vorwärtszumachen, um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, so die Befürworter der Initiative.
Tatsächlich dürfte der Druck auf weitere Entlastungsmassnahmen auch nach dem Nein zur Prämienentlastungs-Initiative nicht abnehmen. Das Vergleichsportal Comparis prognostiziert für 2025 einen weiteren Anstieg der Grundversicherungsprämien um durchschnittlich sechs Prozent. In einzelnen Kantonen und Prämienregionen könnten die Prämien demnach sogar um über zehn Prozent steigen.
(AWP)