Dass HNA in finanziellen Schwierigkeiten steckt, ist nichts Neues. Dass vom intransparenten chinesischen Firmenkonglomerat auch Gefahren für das Finanzsystem ausgehen könnten, hält eine wachsende Zahl von Beobachtern für möglich. Eine neue Studie der UBS legt nahe, dass diese Beobachter so falsch nicht liegen dürften.
"Was, wenn die HNA Group der schwarze Schwan für Aktien- und Anleihenmärkte 2018 wird?" Das ist der Titel der UBS-Studie, aus der das deutsche Manager Magazin in ihrer Online-Ausgabe am Freitag zitiert.
HNA mit Sitz auf der chinesischen Ferieninsel Hainan hat sich in den letzten Jahren in einer aberwitzig anmutenden Akquisitionstour in den Bereichen Touristik, Logistik und Finanz ein Firmengeflecht zusammengekauft, das zu Lasten der finanziellen Gesundheit des Konzerns ging. Die Investoren sind mehr als misstrauisch geworden: Manche Obligationen von HNA werden zu Renditen von mehr als 30 Prozent gehandelt.
Ohne Minderheitsanteile mache das Eigenkapital der HNA Group bloss ein Fünftel der Schulden aus, rechnen die UBS-Analysten in ihrer Studie vor. Zwar wird nur ein vergleichsweise geringer Teil der HNA-Schulden 2018 oder 2019 fällig. Dennoch zeigen solche Renditen am Bond-Markt an, dass ein Zahlungsausfall der HNA nicht ausgeschlossen werden kann.
Kommt es dazu, so argumentieren die UBS-Analysten, kämen einige chinesische Banken in grosse Not. Und was es heisst, wenn grosse Banken in Schwierigkeiten geraten, haben wir in der letzten Finanzkrise gesehen. Beim Kapitel "Was könnte schiefgehen?" malen die UBS-Analysten denn auch die ganze Kaskade einer Finanzkrise aus. Das Finanzmarkt-Research schreibt aber auch, dass man sich bei der Beurteilung von HNA nur auf öffentlich verfügbare Finanzinformationen und Medienberichte stütze.
Regierung kriegt kalte Füsse
Pikant ist aber, dass die UBS selber der HNA den komplexen Einstieg bei der Deutschen Bank finanziert hat. Die UBS legt gegenüber dem "Manager Magazin" Wert auf die Feststellung, dass ihre Investmentbank die HNA einer Due Diligence unterzogen habe, bevor sie die Finanzierung anbot.
Gerade dieser Einstieg bei der Deutschen Bank - der Kauf bringt es "bloss" auf Platz 10 der teuersten HNA-Zukäufe im Westen seit 2015 - sorgte und sorgt in Deutschland und unter Aktionären der Deutschen Bank für Verunsicherung. Die Chinesen hatten im letzten Jahr einen Stimmrechtsanteil erworben und damit auch das Misstrauen der europäischen Aufsichtsbehörde auf sich gezogen. Die Beteiligung sank kürzlich auf 9,2 Prozent.
In der Schweiz gehören die ehemaligen Swissair-Gesellschaften Gategroup, Swissport und SRTechnics zu HNA. Die beiden Erstgenannten will HNA im ersten Halbjahr an die Börse bringen, um an Geld zu kommen. Anfang 2016 hatte HNA die Gategroup-Aktionäre mit falschen Angaben zu ihrer Eigentümerschaft in die Irre geführt, urteile die Schweizerische Übernahmekommission in einer Verfügung im November. Das sorgte international für Schlagzeilen und erhöhte das Misstrauen gegenüber der chinesischen Firma.
HNA-Gründer Chen Feng scheint bei der chinesischen Regierung jedenfalls zunehmend an Rückhalt zu verlieren. Generell zeigt sich bei der obersten politischen Führung Chinas ein grosses Unbehagen über den Expansionsdrang der grössten Firmen des Landes. Der Versicherungskonzern Anbang, der zum Beispiel für 2 Milliarden Dollar das Waldorf Astoria Hotel in New York gekauft hatte, wurde letzte Woche vorsichtshalber unter Staatskontrolle gestellt. Einige Beobachter verglichen den Schritt mit der Rettung der American International Group (AIG) durch die US-Regierung während der globalen Finanzkrise 2008.