Doch der Franken ist bei den 31 grossen und weltweit am meisten gehandelten Währungen in diesem Jahr beileibe kein Outperformer. Die Devise, die sich in diesem Jahr weltweit am meisten aufgewertet hat, ist der israelische Shekel.
(Tabelle: Bloomberg)
Zu erklären ist die Stärke des Shekels zunächst mit der guten Verfassung der israelischen Wirtschaft und der lokalen Börse. Der TA-100 Index, der die 100 grössten Aktiengesellschaften an der Tel Aviv Stock Exchange umfasst, steht auf einem Rekordhoch. Eine hohe Aktiennachfrage erhöht auch den Bedarf nach der entsprechenden Währung des Landes. Devisenexperten erklären den Shekel-Anstieg aber auch mit der Verabschiedung eines Staatshaushalts durch das Kabinett im November. Nach dreieinhalb Jahren hat Israel damit wieder einen Finanzplan.
Dass eine starke Währung nicht unbedingt ein Segen ist für eine Volkswirtschaft, merken natürlich auch die Israelis. Denn der aufgewertete Shekel verteuert die Exporte, unter anderem die begehrten Hightech-Produkte des Landes. Für viele Unternehmen in Israel stellt sich bereits die Existenzfrage. Die israelische Zentralbank versucht, mit Interventionen am Devisenmarkt Gegensteuer zu geben. Und muss dabei wie die Schweizerische Nationalbank erkennen, dass solche Massnahmen allenfals kurzzeitig wirken. Ausländische Touristinnen und Touristen dagegen werden sich nach Aufhebung der Corona-Reiserestriktionen darüber wundern, dass das Land in Nahost noch teurer geworden ist.
Dass die chinesische Währung Renminbi, auch Yuan genannt, die zweitbeste Währung der Welt in diesem Jahr ist, hat schon manche Fragen aufgeworfen. Der Renminbi hat zum Franken ebenfalls fast 7 Prozent zugelegt. Denn China bot in diesem Jahr kein gutes Umfeld für eine florierende Währung. Die Repressionsschritte der Regierung lösten eine schwere Krise am Immobilienmarkt aus. Die Wirtschaft dürfte 2022 deutlich langsamer wachsen als in den vergangenen Jahren. Die Börsen gingen auf Sinkflug. Und die Notenbank Chinas will, wenn nötig, die Geldmenge deutlich erhöhen.
Vergleichen lässt sich der Renminbi beziehungsweise der Yuan mit den anderen frei konvertierbaren Währungen aber nicht vollumfänglich. Der Renminbi darf nur innerhalb eines Bandes schwanken, das die Regierung vorgibt - was die Währung manipulierbar macht. Nicht von der Hand zu weisen ist aber, dass China in den letzten Jahren für Finanzinvestoren an Attraktivität gewonnen hat. China-Anleihen gehörten in diesem Jahr auch zu den besten Schwellenland-Bonds.
Dollar mit dem besten Jahr seit 2015
Der Dollar war ein weiterer Gewinner in diesem Jahr, er hat zum Franken 4 Prozent zugelegt. Der "Greenback" hat gar sein bestes Jahr seit 2015 hinter sich. Grund ist die angekündigte Straffung der US-Geldpolitik mit mutmasslich drei Zinserhöhungen im 2022. Höhere Zinsen in einer Volkswirtschaft machen die Währung für Anlegerinnen und Anleger attraktiver.
Von Morgan Stanley bis Lombard Odier progostizieren fast alle Banken einen weiterhin starken Dollar im nächsten Jahr. Allerdings darf man sich auch fragen, wieviel Zins-Kurspotenzial bereits im Dollarkurs eingepreist ist. Historisch betrachtet stieg der Dollar jeweils nur bis zu dem Zeitpunkt an, als in einem Zinserhöhungszyklus der erste Schritt unternommen wurde. Dieser wird in den USA für Juni erwartet.
Beim Euro-Franken-Kurs sehen die Prognostiker vorerst zumindest keine Abschwächungfür die Schweizer Währung. Während 38 Experten der CFA Society Switzerland und der Credit Suisse in der jüngsten monatlichen Umfrage eher eine Seitwärtsbewegung beim Währungspaar sehen, glaubt Goldman Sachs an eine weitere Aufwertung des Frankens.
Weil die Teuerung in vielen Ländern stärker steigt als in der Schweiz, werde der Franken immer mehr zur Fluchtwährung, lautet die Begründung. So oder so: Die Inflationsentwicklung könnte möglicherweise die Europäische Zentralbank zu unerwarteten geldpolitischen Schritten verleiten, was zu erheblichen Bewegungen nicht nur im Währungspaar Euro-Franken führen würde.
Türkische Lira als Verliererin des Jahres
Umwälzungen vielleicht auch politischer Art könnten sich 2022 auch in der Türkei ereignen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, im Nebenamt verkappter Notenbank-Vorsitzender, verfolgt in seinem Land eine rigide Tiefzinspolitik, sofern man dies bei einem Leitzins von 14 Prozent so nennen kann. Er sieht Zinsen nicht nur als Wachstumsbremse an, sondern auch - im Gegensatz zum ökonomischen Konsens - als Inflationstreiber. Die Folge der künstlich tiefen Zinsen ist ein dramatischer Vertrauensverlust der Anleger in die Wirtschafts- und Geldpolitik des Landes. Es ist einen Wiederholung der gescheiterten Währungspolitik von 2020.
Die türkische Lira ist gegen den Franken in diesem Jahr 34 Prozent abgestürzt, zum Dollar gar 41 Prozent. Die Lira-Verluste verteuern Warenimporte in die Türkei und lasten damit auf der Kaufkraft der Bevölkerung, welche den Währungszerfall mit wachsendem Unmut beobachtet. Viele Türken kaufen als Wertaufbewahrung stabilere Assets wie Gold, Dollar, Kryptowährungen und - wie im November beobachtet - sogar massenhaft iPhones.